Ein Amt fürs Bunte

GLEICHSTELLUNG Arbeitsstelle Vielfalt vor dem Start. Kampf gegen Diskriminierung erhält höheren Stellenwert und wird besser vernetzt

Die SPD bewertet die Arbeitsstelle vor allem als „grüne Imagepflege“ mit Steuergeldern: Mit dem Projekt solle der grünen Basis die Koalition mit der CDU „schmackhaft gemacht werden“.

■ Auch für Kersten Artus (Die Linke) ist die Arbeitsstelle „ein Flickwerk“, mit dem „Kosmetik“ betrieben werde und „am Ende wenig herauskommt“.

■ Nebahat Güçlü (GAL) entgegnet, die Arbeitsstelle werde „Impulse setzen, Hilfe bei Diskriminierungsfällen bieten und das Thema Frauen in Führungspositionen in Angriff nehmen“.  (mac)

Hamburg wird ab August seine Aktivitäten gegen die Ausgrenzung von Minderheiten und gesellschaftlich diskriminierte Gruppen in der neu geschaffenen Arbeitsstelle Vielfalt bündeln. Unter Leitung der promovierten Geisteswissenschaftlerin Angela Bähr soll die mit 13 Stellen besetzte Organisationseinheit die zentrale Anlaufstelle für die Forcierung der Geschlechtergleichstellung, die Stärkung interkultureller Vielfalt, die Umsetzung des Antidiskriminierungsgesetzes und die Bekämpfung von Rassismus sein. Justizsenator Till Steffen (GAL), dem die Arbeitsstelle untersteht, sagt: „Wir wollen so die Gleichberechtigung und Integration stärker in den Fokus rücken und die Vielfalt von der Norm abweichender Lebensweisen fördern.“

Konkrete Aufgaben für das neue Projekt sehen Bähr und Steffen reichlich: Die Durchsetzung gleicher Bezahlung von Männern und Frauen steht ebenso auf der Agenda wie die Verbesserung von Karrierechancen von Frauen. So betrage der Frauenanteil in den Amtsleitungen der Hamburger Behörden nur klägliche 14,3 Prozent. Um das zu ändern wolle die Arbeitsstelle „auch mal anderen Behörden auf die Nerven gehen“, so Steffen.

Dem Senator geht es darüber hinaus aber auch um die „Zuschreibung von Rollenbildern“ in der Arbeitswelt. So seien etwa Umschulungsmaßnahmen für arbeitslose Männer auf klassische Männerjobs fixiert, während es in der Kinderbetreuung und den Pflegeberufen Job-Kapazitäten aber kaum Qualifizierungsangebote für Männer gebe.

Ab Oktober soll es eine zentrale Anti-Diskriminierungsstelle mit regelmäßigen Beratungsangeboten für Betroffene geben. Das Anti-Diskriminierungsgesetz soll durchgesetzt, interkulturelle Vielfalt etwa durch bessere Integrationskonzepte für Zuwanderer gestärkt werden.

Relativ neu ist das Thema demographischer Wandel. Dass sich mit der Altersstruktur der Gesellschaft auch die auf dem Arbeitsmarkt verändere, verändere „das Miteinander von Alt und Jung“ in der Arbeitswelt. Hier gelte es „die Entwicklung genau zu beobachten“ und „koordiniert zu reagieren“. Steffen: „Demographischer Wandel ist nicht nur Pflegestufe 3.“

In der Arbeitsstelle sollen auch erstmals die stadtstaatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus „gebündelt und verstärkt werden“. Besondere Sorge bereitet der Justizbehörde hier das konstante zahlenmäßige Anwachsen der „Autonomen Nationalisten“ in Hamburg. MARCO CARINI