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Archiv-Artikel

Schmusen für den Neuanfang

SAARLAND Nach der Neuwahlentscheidung versichern sich SPD und CDU gegenseitig ihrer Zuneigung

Das späte Bundesland

■ Das autonome französische Saarprotektorat wurde erst spät ein Teil der Bundesrepublik: Gegen den Willen Adenauers lehnten die Saarländer 1955 das sogenannte Saarstatut, ein Abkommen mit der französischen Regierung, ab.

■ Ein Jahr später stimmte Frankreich der Rückgliederung nach Deutschland zu. 1959 löste die D-Mark den an den Franc gekoppelten Saar-Franken als Währung ab.

■ Lange außen vor blieb an der Saar auch die PDS: Erst nach dem Übertritt von Oskar Lafontaine gelingt der Linkspartei 2009 der Einzug in den Landtag – dann allerdings mit spektakulären 21,3 Prozent.

■ Für die Grünen ist das Saarland schwieriges Terrain: Sie zogen seit 1994 zwar dreimal in den Landtag ein, holten jedoch nie mehr als 6 Prozent.

VON GORDON REPINSKI

BERLIN taz | So schnell kann es gehen. Am Donnerstagabend kam die Nachricht, dass es im Saarland Neuwahlen geben wird und zunächst keine große Koalition unter Führung von CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer. Und schon am Freitag liefen die Vorbereitungen, waren fast alle wichtigen Weichen dafür gestellt. Die Landtagsfraktionen von CDU und SPD beantragten eine Sondersitzung des Parlaments. Wenn in dieser Sitzung zwei Drittel der Abgeordneten für die Auflösung des Parlaments stimmen, ist der Weg für Neuwahlen frei.

Die Sitzung wird voraussichtlich in der kommenden Woche am Donnerstag stattfinden. Weil anschließend innerhalb von 60 Tagen gewählt werden muss, wird von vielen Seiten der 25. März als möglicher Termin genannt.

Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer und der saarländische SPD-Chef Heiko Maas gaben sich nach dem Scheitern der Sondierungsrunde dennoch friedfertig. „Viele gute Gründe“ gebe es für eine große Koalition, sagte Maas. Kramp-Karrenbauer sagte, sie sei der festen Überzeugung, dass man nach den Wahlen wieder verhandeln werde.

Tatsächlich sieht es so aus, als würde es eine große Koalition geben. Infratest Dimap sieht in einer – allerdings vor dem Koalitionsbruch bereits im November erhobenen – Umfrage die SPD mit 35 Prozent vor der CDU mit 32 Prozent. Doch kann es sein, dass Kramp-Karrenbauer von enttäuschten FDP-Wählern profitiert, die der FDP den Bruch der schwarz-gelb-grünen Jamaika-Koalition nicht verzeihen und zur CDU wechseln. Wer am Ende das Rennen macht, scheint nicht ausgemacht zu sein.

Ganz abschreiben lassen wollen sich die Grünen auch nicht. Über die Nähe von CDU und SPD spottet der einzige saarländische grüne Bundestagsabgeordnete Markus Tressel: „Wir können uns den Wahlkampf gleich sparen, wenn vorher schon feststeht, dass es eine große Koalition gibt“. Er selbst sieht die Grünen in einer strategisch günstigen Situation. Man wolle „keinem der beiden Partner die Tür zuschlagen“, sagt Tressel, „wir werden keine Koalitionsaussage machen.“ Es komme allein auf die Inhalte an.

„Es gibt viele gute Gründe für eine große Koaliton“

HEIKO MAAS, SPD

Klar ist, dass es für den Grünen-Chef an der Saar, Hubert Ulrich, Konkurrenz gibt. Parteikollegin Simone Peter wird sich ebenfalls um die Spitzenkandidatur bewerben. Unterstützung erhielt die ehemalige Umweltministerin im Land von den jungen Grünen. „Simone Peter sollte nach unserer Vorstellung die Grünen als ‚Spitzenfrau‘ in den Wahlkampf führen“, ließen sie per Pressemitteilung am Freitag verbreiten. Das Duell scheint also eröffnet (siehe Interview).

Wer bei SPD und Linkspartei in der Saar noch vage an die Möglichkeit einer rot-roten Zusammenarbeit gehofft hat, den hat Oskar Lafontaine indes eines Besseren belehrt. Die große Koalition sei „unter Dach und Fach“, erklärte Lafontaine, eine rot-rote Zusammenarbeit daher unwahrscheinlich.

Auch SPD-Chef Heiko Maas lässt wenig Spielraum für die Zusammenarbeit mit Lafontaine. Er will die Schuldenbremse einhalten, Lafontaine eher nicht. Die geplanten Kürzungsprogramme und Einschnitte seien nicht der richtige Weg, um den Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen. „Wir plädieren für einen anderen Weg.“