RUDOLF BALMER ÜBER DEN PRÄSIDENTSCHAFTSWAHLKAMPF IN FRANKREICH
: Punktsieg für François Hollande

Zum Start seiner Kampagne hat Hollande der Finanzwelt den Krieg erklärt

Vielleicht ist der Job des Präsidentschaftskandidaten doch ein paar Nummern zu groß für den Exparteichef der Sozialisten? Viele, auch viele Linke, haben sich das in der letzten Zeit gefragt. Mit dem gestrigen Auftakt seiner Präsidentschaftskampagne in Le Bourget aber gewann François Hollande die Skeptiker im eigenen Lager für sich. Dieser Mann ist jovial, sympathisch und witzig – das wusste man längst. Jetzt zeigte er, dass er auch über Biss und Courage verfügt.

Dabei schwelgt er nicht (nur) wie andere Kandidaten, in nostalgischen Erinnerungen vergangener Grandeur. Frankreichs revolutionäre Seele, sagt Hollande, strebe nach Gleichheit.

Tatsächlich kann der Slogan von der Egalité in diesen Krisenzeiten und in diesem Land eine enorme Schlagkraft entwickeln. Zumindest dann, wenn der Slogan zum Programm wird, also von den Sozialisten wieder zur Maxime des politischen Handelns erhoben wird.

Die Opfer der Krise werden im Präsidentschaftswahlkampf von diversen Rächern der Enterbten umworben. Auch die Rechtspopulistin Marine Le Pen biedert sich in geradezu unverschämter Weise dem Proletariat als neue (Wort-)Führerin der französischen Arbeiter an. Sie aber verheißt mit ihrem fremdenfeindlichen Nationalismus nur neue Ungleichheit, neuen Hass und neuen Neid.

Der Kampf für Gleichheit, Gleichberechtigung und faire Chancen erlaubt es dagegen dem Sozialisten, für soziale Gerechtigkeit zu werben, auch wenn die Kassen des Staates leer sind. Hollande hat zum Start seiner Kampagne in Le Bourget der Finanzwelt, die er als seinen „wahren Gegner“ bezeichnet, den Krieg erklärt. In aller Deutlichkeit hat er sich damit von Sarkozy, dem Busenfreund der Milliardäre, abgegrenzt.

Falls die Umverteilung tatsächlich auf Kosten der bisher Privilegierten gehen soll, wie dies François Hollande verspricht, dann würde das die existierenden Machtverhältnisse umkrempeln.

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