: Chefsessel im Wahlkampfsog
WER KOMMT? Es gibt kaum Chancen für eine schnelle Nachfolgeregelung an der Spitze des Umweltbundesamts. Das Umweltministerium wünscht Jochen Flasbarth als Nachfolger. Präsidentenstuhl ist politische Rangiermasse
Wer wird Nachfolger von Andreas Troge als Präsident des Umweltbundesamts? Die Besetzung der umweltpolitischen Schlüsselposition fällt zwei Monate vor der Bundestagswahl mitten in die heiße Wahlkampfphase. Dennoch haben sich, wie zu erfahren war, Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und die BMU-Spitze auf einen Kandidaten verständigt: Jochen Flasbarth (47), elf Jahre lang Präsident des Naturschutzbundes Nabu und seit 2003 Abteilungsleiter Naturschutz im Bundesumweltministerium, ist offenbar als Kandidat ausgewählt worden.
Die Berufung muss allerdings von Kabinett und Kanzleramt bestätigt werden. Daran glaubt gegenwärtig kaum jemand. Auch im Unionslager rechnet man fest damit, dass die Besetzung bis nach dem Wahltermin verschoben werden kann. „Wir wünschen uns einen engagierten Kandidaten, der genauso klar und prononciert für die Umwelt eintritt, wie Herr Troge das getan hat“, erklärte am Freitag der umweltpolitische Sprecher der CDU, Josef Göppel, sibyllinisch.
Andererseits muss die große Koalition noch zwei Monate lang weiterregieren, und sie muss in dieser Zeit auch Entscheidungen treffen. Da ist es nicht falsch, wenn die SPD einen Kandidaten in petto hat, den sie notfalls gegen Zugeständnisse auf einem anderen politischen Feld eintauschen kann. Und auch bei einer Neuauflage der großen Koalition – falls sich die SPD doch noch erholt – wäre es gut, schon vor den Koalitionsverhandlungen einen Kandidaten für den Präsidentenstuhl zu haben. So ganz unbesetzt ist der allerdings nicht. Wegen der langen Krankheit Troges hat dessen Stellvertreter Thomas Holzmann das Amt über Monate kommissarisch geführt und wird dies auch weiter tun.
Für die Union vergrößert der frei gewordene Präsidentenstuhl im Umweltbundesamt die politische Rangiermasse nach der Wahl. Gewinnt Schwarz-Gelb im September, könnte der Posten – nach alter Tradition – auch mit einem FDP-Mann besetzt werden. Die Wirtschaftsliberalen erinnern gerne daran, dass ihr Oldie Hans-Dietrich Genscher das UBA 1974 gegründet und mit dem Liberalen Freiherr von Lersner besetzt hatte.
Bleibt Jochen Flasbarth also nur ein Name, der zwischenzeitlich gehandelt wurde? Der diplomierte Volkswirt war während der rot-grünen Ära vom damaligen Umweltminister Jürgen Trittin ins Amt geholt worden. Zuvor hatte er als Nabu-Präsident erstaunliche Erfolge erzielt und den eher betulichen Verband kräftig politisiert und bekannt gemacht. Um den „Gummistiefel-Naturschützer“ und „Medienmenschen“ war es in den letzten Jahren ruhiger geworden. Im Schatten von Minister Gabriel und Staatssekretär Machnig fällt es allerdings auch politischen Talenten schwer, sich zu profilieren. MAN