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EISKUNSTLAUF Bei der EM in Sheffield schielt das deutsche Eistanzpaar Nelli Shiganzhina/Alexander Gazsi nach oben

Shiganzhina/Gazsi sind das einzige Paar weltweit, das Eistanz mit Akrobatik verbinden kann

VON MARINA MAI

Ob Aljona Savchenko und Robin Szolkowy diese Woche zum vierten Mal Europameister im Eiskunstlaufen werden, ist offen. Die 27-jährige Aljona Savchenko hat sich im Training am Oberschenkel verletzt. Das Team ist zwar ins britische Sheffield gefahren, wird aber erst kurz vor dem ersten Wettkampfteil am Mittwoch entscheiden, ob es Sinn macht, überhaupt anzutreten.

Entscheiden sich die deutschen Vorzeigeläufer gegen den Start, werden Deutschlands Eiskunstläufer erstmals seit 2005 von einer EM ohne Medaillen nach Hause fahren. Doch einem Team ist zuzutrauen, ganz dicht an die Podestplätze heranzulaufen: den deutschen Meistern im Eistanzen Nelli Shiganzhina/Alexander Gazsi. Die Moskauerin und der Chemnitzer wurden im letzten Jahr EM-Siebente. Das war eine faustdicke Überraschung des kreativen Doppels, das zuvor drei Jahre lang auf internationaler Bühne kaum präsent war. Bei zahlreichen Wettkämpfen in dieser Saison haben die beiden, die in Oberstdorf trainieren, bewiesen, dass sie zu weiteren Leistungssteigerungen in der Lage sind. In den Grand-Prix-Wettbewerben wurden sie zweimal Vierte. Zur Musik von „Romeo und Julia“ und mit kreativen Innovationen wollen sie, die auch im Leben ein Paar sind, das Publikum in Sheffield für sich einnehmen.

„Sie sind ohne Verletzungen durch die Saison gekommen und richtig gut drauf“, erzählt Gazsis Mutter Olga. „Als Ziel haben sie sich vorgenommen, mindestens den 7. Platz aus dem Vorjahr zu verteidigen, denn viel Bewegung ist bei den betonierten Festsetzungen im Eistanzen nicht drin.“ Doch eine Verbesserung um einen oder zwei Plätze wäre trotz starrer Regeln durchaus denkbar. Dann hätten die deutschen Meister auch eine Chance, im abschließenden Schaulaufen anzutreten und ihre Flugakrobatiknummer zu zeigen, die sie in der Moskauer Zirkusschule einstudiert hatten. Sie sind das einzige Paar weltweit, das Eistanz mit Akrobatik verbinden kann.

Das deutsch-russische Duo, das seit 2005 miteinander trainiert, ist relativ spät in die europäische Spitze vorgedrungen. Sie ist 24, er 27 Jahre alt. 2009 und 2010 hatten sie sich zu internationalen Meisterschaften nicht qualifizieren können. Sie fühlten sich von den nationalen Preisrichtern ungerecht bewertet und schoben es darauf, dass eine Russin nicht gewollt war, weil sie bei Olympia für Deutschland nicht startberechtigt ist. Jahrelang durfte die deutsche Meisterin nur mit einem Touristenvisum nach Deutschland reisen, weil sie kein Einkommen hat. Trainingsort war deshalb bis vor drei Jahren Moskau. Auch heute noch sprechen sie Russisch miteinander, damit Gazsi die Sprache nicht verlernt.

Bis heute hat die Russin nur eine befristete Aufenthaltserlaubnis und darf in Deutschland nicht arbeiten. Für eine Einbürgerung, die bei den Olympischen Spielen in Sotschi Startvoraussetzung ist, sind das schlechte Voraussetzungen, auch wenn Zhiganshina ihren Einbürgerungstest mit Bravour bestanden hat.

Für Aufsehen sorgte im Vorfeld der EM auch der Herrenwettbewerb, weil der russische Ausnahmeathlet Evgeni Pluschenko sein Comeback gibt. Der 29-Jährige, der bereits mit 16 Jahren Europameister wurde, ist seit den Olympischen Spielen 2010, wo er die Silbermedaille gewann, keinen internationalen Wettkampf mehr gelaufen. Darum musste er bereits am Montag in die Qualifikation, die er überlegen gewonnen hat. Pluschenko, der den Traum vom Olympiasieg im eigenen Land angehen will, hat auch gute Chancen auf den Europameistertitel.

Deutsche Teilnehmer im Herrenwettbewerb sind die Berliner Peter Liebers und Paul Fentz. „Sie liefern sich im Training harte Duelle“, sagt Berlins leitender Landestrainer Reinhard Ketterer. Er traut Liebers eine Toptenplatzierung zu. „Bei Fentz träume ich auch davon, denn er ist ein exzellenter Springer. Er beherrscht wie Liebers den dreifachen Axel und den Vierfach-Toeloop, was nur wenige Europäer im Wettkampf zeigen.“

Im Damenwettbewerb gilt die in Oberstdorf trainierende Italienerin Carolina Kostner als Favoritin. An die deutsche Teilnehmerin Nathalie Weinzierl, die für ihre verletzte Mannheimer Trainingskameradin Sarah Hecken kurzfristig einsprang, werden dagegen keine großen Erwartungen gestellt.