: Regierung stützt Müntefering – teilweise
Mit seiner Kritik am Heuschreckenkapitalismus findet der SPD-Chef Freunde auf der Linken. Arbeitgeber protestieren
BERLIN taz ■ Die Bundesregierung zog es gestern vor, von Franz Münteferings Kritik am Kapitalismus nur einen bestimmten Teil zu unterstützen – den mit der Verantwortung der Unternehmer. Ein Sprecher sagte, Bundeskanzler Schröder selbst habe in seiner jüngsten Regierungserklärung verlangt, dass die Wirtschaft im Gegenzug für verbesserte Rahmenbedingungen nun das „ständige Gerede von der Verlagerung von Arbeitsplätzen“ unterlasse.
Auch laut Wirtschaftsminister Wolfgang Clement entspricht dies „modernem Patriotismus“. SPD-Chef Müntefering hatte programmatisch erklärt, „die international forcierten Profitmaximierungsstrategien gefährden unsere Demokratie“. Via Bild am Sonntag legte er nach: „Manche Finanzinvestoren verschwenden keinen Gedanken an die Menschen, deren Arbeitsplätze sie vernichten. Sie bleiben anonym, fallen wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen her, grasen sie ab und ziehen weiter.“ Auch das stetige Verlangen nach höherer Eigenkapitalrendite bei gleichzeitigem Arbeitsplatzabbau geißelte er.
Die Eigenkapitalrendite ist für große Investoren ein wichtiger Index, wie profitabel ein Unternehmen ist. Die Aktionäre können davon nur indirekt ihre Aussichten auf Gewinne ablesen. Münteferings Kritik bezog sich also konkret auf die Macht etwa der US-Pensionsfonds – weniger auf die deutschen Wirtschaftsverbände. Die erklärten die Äußerungen im Verein mit der Opposition für rückständig. Sie seien in ihrer Außenwirkung „außerordentlich schädlich“, sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Er verlangte, zwecks Tröstung eingeladen zu werden.
Zum Vorwurf, er wolle bloß Stimmen der Hartz-IV-Enttäuschten zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai gewinnen, sagte SPD-Chef Müntefering gestern: „Wahlkampf ist immer.“ Aber es sei nun einmal so: „Man darf die Wirtschaft nicht dem Geld überlassen.“ Die Parteilinke hat beschlossen, Münteferings Worte nicht bloß unter Wahlkampf abzubuchen: „Das Spektrum dessen, was diskutiertbar ist, wird erweitert“, sagte der Bundestagsabgeordnete Florian Pronold gestern. Zwar bilde Münteferings Kritik „nicht eins zu eins die Politik ab, die wir bislang gemacht haben“. Aber dies könne sich ja nun ändern. Die Parlamentarische Linke gibt heute eine Pressekonferenz. UWI