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Archiv-Artikel

DIE GESELLSCHAFTSKRITIK Mutter des Moments

WAS SAGT UNS DAS? Brigitte Nielsen hat nach 16 TV-Abenden das RTL-Dschungelcamp gewonnen

Brigitte Nielsen also. Nie war schon so früh klar, wer „Dschungelkönigin“ wird. Weil die Dänin, die mal was mit Hollywood hatte, mit Sylvester Stallone, Arnold Schwarzenegger und Sean Penn, die alles schon gesehen und gemacht hat, die seit zehn Jahren durch zig Realityshows tingelt – Brigitte tanzt, Brigitte bei „Big Brother“, Brigitte lässt sich den Körper neu machen – weil „Tante Brigidde“ alles überstrahlte.

Die meisten Stars, die in den Dschungel gehen, waren nie welche. Sie haben Schulden, massive Geltungsbedürfnisse, sonst nichts zu tun. Sie wirken verzweifelt, bemüht, verstellt. Brigitte Nielsen – braungebrannt, durchtrainiert, eine Kämpferin – strahlte Würde aus und wirkte stets so, als sei es das, worauf sie die 49 Jahre ihres Lebens gewartet hat. Der Höhepunkt, auf den alles zulief, der alles heilte.

Zumindest tat sie so. Und vermittelte dadurch unbändige gute Laune. „I feel good“, sang sie tanzend bei jeder Gelegenheit, ein „Oh mein God“ ließ selbst einen Schokokeksriegel wie eine Offenbarung wirken, unerschrocken ließ sie Kakerlaken über sich krabbeln, sich mit Schleim übergießen, aß Tierafter, oder waren es Hoden? Jedenfalls: Der ekelt vor nix. Wo die anderen düster sinnierten, ausdruckslos ihre Brüste in die Kamera hielten oder sich in „Du hast mehr Essen als ich“-Streitereien verstrickten, da vollführte Brigitte einen Regentanz. Sie kümmerte sich, motivierte, litt mit. Wurde sie gefragt, ließ sie ein paar Details raus, über Arnies starke Waden oder Stallone, das Kaninchen im Bett. Alles wohldosiert. Sie sprach über ihre Abhängigkeit („Alkohol hat mir meinen Kopf genommen“) und über gewalttätige Exmänner. Sie war ganz da, ganz im Moment – die „Big Mama“ des Carpe diem. Selbst den sonst so bösen Moderatoren fiel zu ihr nichts mehr ein.

„Don’t take it personal, that sieht nicht gut aus im Fernsehen“, riet sie den jungen Frauen im Camp. Denen, die ständig sagten: „Ich bin ich geblieben, ich war mir selbst treu, ich bin ich.“ Was nicht stimmte. Da präsentierte Brigitte Nielsen die große Kunst, im Fernsehdschungel selbstbestimmt zu sein. Das macht sie zur wahren Königin. DANIELA ZINSER