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Archiv-Artikel

Schwarze Löcher im Radnetz

Die Bezirke kümmern sich zu wenig um ihre Radwege, kritisiert der BUND. In Neukölln, Moabit oder Prenzlauer Berg klafften Lücken. Tatsächlich dreht jeder Bezirk bei Nebenrouten sein eigenes Rad

VON ULRICH SCHULTE

Zuerst die schlechte Nachricht: Es gibt schwarze Löcher mitten in Berlin. Die gute: Immerhin fahren nur die Radler rein. In einigen Bezirken sollten Fahrradfahrer sich ihr Gefährt unter den Arm klemmen, so – etwas zugespitzt – die Kritik der Umweltschützer vom BUND. Denn die Radler haben nur die Wahl zwischen Kopfsteinpflaster oder stark befahrenen Autostraßen ohne Radstreifen oder -weg.

„In Neukölln oder Moabit herrschen im Radwegenetz große Lücken“, sagte BUND-Fahrradexpertin Merja Spott gestern. In anderen Bezirken wie Prenzlauer Berg seien viele Radrouten zerstückelt. Mit ihrer Kritik zielt die Organisation auf das so genannte Radnebenroutennetz. Für dessen Planung und Ausbau sind die Bezirke zuständig, der Senat stellt dafür jährlich fünf Millionen Euro bereit. Das ist in der Radverkehrsstrategie des Landes geregelt, die der Senat im November 2004 vorgestellt hat. Spotts Fazit: „Die Bezirke zeigen bei der Planung und Umsetzung zu wenig Engagement.“

Der BUND kann den Vorwurf bunt belegen. Er stellte eine Innenstadtkarte vor, die konsequent die Radfahrerperspektive einnimmt: Gut befahrbare Straßen mit Asphalt und Radstreifen sind darauf hell, schlecht befahrbare mit Kopfsteinpflaster dunkel eingezeichnet – Nord-Neukölln ist etwa ein dunkles Loch.

Die Umweltschützer fordern jetzt, Geschäftsstraßen wie die Karl-Marx- (Neukölln), Turm- (Moabit) oder Schlossstraße (Steglitz) radfreundlich zu gestalten. Auch Wege in Grünanlagen wie dem Görlitzer Park oder Schlosspark Charlottenburg müssten die Bezirke öffnen, Busspuren gehörten 24 Stunden für Radfahrer freigeräumt. Das alles koordinieren könnten Radbeauftragte in den Bezirken.

Von der Idee hält Benno Koch, der diesen Job beim Senat macht, wenig: „Die Bezirke haben dafür nicht die personellen Kapazitäten.“ Oft fehle es auch an Expertise – in der Prenzlauer Allee seien zum Beispiel radunfreundliche Verbundsteine verbaut worden. Koch fordert von den Bezirken eher ein konsequentes Bekenntnis zum Rad: „Sie müssten den Haushaltsposten Fahrrad fest benennen.“ Das wird Wunschdenken bleiben: „Mit unserem Geld beheben wir gerade mal das Nötigste, für Radwege bleibt da nichts übrig“, sagt Andreas Tetzlaff aus der Neuköllner SPD-Fraktion. Ebenso ist es in Pankow. Jeder Bezirk dreht beim Konzept für die Nebenrouten ein anderes Rad. In Neukölln gibt es seit über einem Jahr eine „AG Radroutenmasterplan“, in Pankow fehlt ein fraktionsübergreifendes Gremium.

Dass die Zuständigen mit ihren Nachbarn wenig reden, merkt der Radler an vielen Stellen in der Stadt, zum Beispiel in der Wilhelmstraße: Im Bezirk Mitte fährt man auf einem lobenswerten Radstreifen – an der Bezirksgrenze zu Kreuzberg endet er abrupt.

Infos zum BUND-Fahrradplan unter www.bund-berlin.de