: Nachwuchs für die ironische Politiker-Kaste
Seit gestern ist die Hertie School of Governance staatlich anerkannt. Ab September soll hier die künftige Polit-Elite ausgebildet werden
Der Wissenschaftssenator wird ironisch. Als gestern die staatliche Anerkennung der Hertie School of Governance bekannt gegeben wurde, sagte Thomas Flierl (PDS) mit Hinblick auf den Sitz der Hochschule im ehemaligen Staatsratsgebäude: „Früher wurden dort Eliten für die DDR ausgebildet, heute für die Weltpolitik. Wir bewegen uns also immer vorwärts, der Zukunft zugewandt.“ Tatsächlich bietet die private Hochschule ab September mit dem Master of Public Policy einen Postgraduierten-Studiengang an, der internationalen und zukunftsorientierten Anspruch hat.
Kurt Biedenkopf, Vorsitzender des Hochschulkuratoriums, legt Wert darauf, dass die Auswahl der Studierenden dabei unabhängig von der sozialen Herkunft sei. Die 30 Plätze würden in einer so genannten Blindwahl vergeben. Erst nach der Entscheidung beschäftige man sich auch mit der finanziellen Situation. Im Extremfall stünde jedem Studierenden ein Stipendium offen. Überhaupt zeigt sich die Hertie-Stiftung äußerst großzügig. Einer Starthilfe von 25 Millionen Euro sollen jährlich weitere 5 Millionen Euro folgen.
Bei der European School of Management and Technology (ESMT), die ebenfalls im Staatsratsgebäude residieren wird, war die Finanzierung komplizierter. Hier kann trotz jahrelangem Streit um öffentliche und private Gelder immer noch niemand studieren: Erst 2006 soll es so weit sein. Die ESMT ist schließlich ein Gemeinschaftsprojekt verschiedener Wirtschaftsverbände und Unternehmen, die Hertie School of Governance dagegen trägt den Geldgeber bereits im Namen.
Die neue Kaderschmiede ist die sechste staatlich anerkannte Privathochschule Berlins. Das schafft Konkurrenz. Biedenkopf sieht darin Vorteile: „Wettbewerb belebt den Wunsch, besser sein zu wollen als die anderen.“ Elite eben. Michael Zürn, akademischer Direktor der Hochschule, lehnte sich gestern schon einmal weit aus dem Fenster, als er die Qualität der aktuellen politischen Elite bemängelte. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) befürchtet dann auch, dass die künftigen Absolventen kaum einen Job in seinem Senat annehmen würden. Dafür wären sie „überqualifiziert“. Auch Flierl gab sich angesichts der nächsten Politik-Elite bescheiden: Auf die Frage nach einer Einbeziehung der Landesregierung in den Lehrplan diente er sich spontan als Fallbeispiel an. CHRISTO FÖRSTER