: Bremer Subvention für Hamburg
STAATSKNETE Bremerhaven sollte Zentrum für Solarenergie werden. Bremen ließ sich die Idee 4,4 Millionen Euro kosten. Aber das Geld kommt seit vier Jahren in Hamburg an
VON KLAUS WOLSCHNER
Bremerhaven soll Zentrum der CIS-Solartechnik werden, frohlockte Bausenator Jens Eckhoff (CDU) vor vier Jahren. Die Wirtschaftsförderausschüsse hatten 4,4 Millionen Euro locker gemacht, um die entsprechende Entwicklungsarbeit für moderne Dünnschicht-Solarfolien zu fördern. „Dort arbeiten zurzeit fünf Mitarbeiter in der Entwicklung“, es könnten einmal 90 werden, frohlockte Eckhoff. Nun ist in der Uckermark in Brandenburg ein komplettes Dünnschicht-Solarkraftwerk ans Netz gegangen – ohne CIS. Die Universität Luxemburg meldet stolz Erfolg bei der Entwicklung von Dünnschicht-Folien mit einem Wirkungsgrad von 12 Prozent. Kommt die CIS-Solartechnik zu spät? Ist das Bremer Geld in den Sand gesetzt?
„CIS“ ist die Abkürzung für Kupfer, Indium und Selen, und diese Verbindung ermöglicht ganz neue, moderne Solarfolien, die preiswerter sind als klassische Solarmodule. Rein theoretisch könnte die Folie auf Dachziegel, Segeltücher oder irgendwelche Textilien aufgebracht werden – aber der Wirkungsgrad leidet darunter, wenn die Flächen nicht optimal zur Sonne stehen, sagt der Geschäftsführer der CIS-Solartechnik, Adalbert Lossin. Die Flexibilität bietet dennoch große Vorteile. Auch er strebt zwölf Prozent Wirkungsgrad an – und da man noch nicht so weit sei, müsse der Schritt zur Produktion, der vor zwei Jahren für 2009 angekündigt war, verschoben werden.
„Unser Unternehmenssitz sowie die Abteilung Modulentwicklung befinden sich bereits in Bremerhaven, wo wir auch unsere erste Produktionsanlage aufbauen werden“, heißt es auf der Internetseite der CIS-Solartechnik. Es ist eine Firmen-Internetseite ohne Adresse und ohne Telefonnummer. Im Handelsregister steht die CIS Solartechnik unter der Adresse „Nansenstr. 1“, dort ist aber ein Großhandelsunternehmen ansässig, das das ganze Haus nutzt – von CIS Solartechnik weiß man nichts.
Aus den Arbeitsplätzen für Bremerhaven ist nichts geworden. Hauptgesellschafter ist nämlich die Hamburger Norddeutsche Affinerie, die inzwischen Aurubis AG heißt. „Aus technischen Gründen“, weiß Jürgen Adelmann, Chef der Bremerhavener Wirtschaftsförderung BIS, werde die CIS-Solartechnik dort entwickelt.
Die Aurubis AG (Umsatzerlöse 8,3 Milliarden), die mit Cordes&Graefe ein Joint-Venture eingegangen ist, hat die Bremer Subventionen gern genommen – in Hamburg hätte der weltweit operierende Konzern keinen Cent bekommen. Dass die Produktion, wenn es eine geben sollte, in Bremerhaven stattfindet, wie es im Vertrag steht, ist mehr als zweifelhaft. „Es sind mehrere Standorte im Gespräch“, sagt Geschäftsführer Lossin, darunter auch das schöne Zarrentin am Schaalsee – praktischerweise vor den Toren Hamburgs gelegen und doch in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Wirtschaftsfördergelder noch üppiger sprießen als in Bremen.
Für den Fall, dass die Entwicklung der CIS-Solarmodule erfolgreich ist und keine Produktion in Bremerhaven aufgenommen wird, müsste der Zuschuss zurückgezahlt werden. Das Land Bremen hätte dem Kupferkonzern Aurubis dann eben über vier Jahre nur das Risiko abgenommen – und einen zinslosen 4,4 Millionen-Kredit gewährt.