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Archiv-Artikel

„revonnah“ gibt Literatur-Asyl in Hannover

„Wir können nichts, machen nichts, haben nichts (außer Kekse, Gummi und die Expo)“ beschreiben Arne Drews und Matthias Wehrhahn von „revonnah“ die Gemütslage ihrer Hannoveraner MitbürgerInnen. Die beiden blieben trotzdem und gründeten den Verlag „re von nah – rückwärts von nah“.

„Wir wühlen gern in den Nischen der Nischen“, sagt Arne Drews. Das zeigt auch das Verlagsprogramm: Unter den 150 Veröffentlichungen finden sich lauter Kuriositäten aus Kunst- und Literaturgeschichte, viele Gedichtbände und Porträts, Essays, Krimis, Theaterstücke und seltene Nachschlagewerke. Eines heißt „Reisende in Anderswelten“: Die „kleine Galerie großer Helden der phantastischen Literatur“ der Hannoveraner Journalisten Heiko Postma und Ekkehard Böhm ist ein mit Zeichnungen und seltenen Abdrucken liebevoll gestalteter Genre-Führer mit Kurz-Infos zu Lewis Carroll’s „Alice“ oder der „Signoria Psyche Zenobia“ von E.A. Poe.

Besonders freut sich Drews, gleich drei Werke von Hermann Peter Piwitt im Programm zu haben. Der Autor hatte sich mit Rowohlt zerstritten und einen kleinen Verlag gesucht. Piwitts „Steinzeit. Notate zur Nacht 1989 bis 2002“ von 2003 verkauft sich gerade in der vierten Auflage, und enthält wohl zuviel Zynismus für den großen Literaturbetrieb. Für den Kleinverlag ist das gerade genug: Jemand, der über sich herausfindet, dass er in Meyers Lexikon zwischen Pius XII. und Pizarro steht, aber nur ein Einkommen in Höhe des Sozialhilfesatzes hat, wirkt eher bürgernah-realistisch als abgehoben. Und darf Peter Rühmkorf zu dessen 70. Geburtstag an den Karren fahren.

Anders als bei den „Großen“ redet der Autor bei Lektorat und Gestaltung mit. „Unglaublich, wenn die Marketingabteilung Lektoratsentscheidungen kippt, weil ihr das Cover nicht passt“, sagt Drews. „Und ohne den direkten Kontakt zur Druckerei könnte ich nicht verlegen. Ich muss das gleich sehen, anfassen, spüren.“ Gute Literatur solle schließlich auch einen haptisch-ästhetischen Reiz haben.

Aber bei aller Liebe zum Buch: Kann man davon leben? „Der Verlag wirft schon etwas ab. Aber zum Leben langt es nicht.“ Und so geht Drews auch im Nebenjob seiner Literatur-Liebe nach: mit einer halben Stelle in der Landesbibliothek. Kerstin Fritzsche