Festrede vor rechten Burschenschaften

Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm tritt heute in Hamburg auf – vor schlagenden Studenten. Dabei sind die rechtsextremen Kontakte etwa der Germania-Burschenschaft gut dokumentiert. Kritiker fordern eine Absage des Termins

AUS HAMBURG ANDREAS SPEIT

Vor 60 Jahren kapitulierte die Wehrmacht in Königsberg. Ein Anlass für den „Hamburger Waffenring“, heute Abend zu einem so genannten „Festkommers“ zu laden, um „750 Jahre Stadt Königsberg“ zu feiern. Einen prominenten Gastredner hat der Zusammenschluss aller schlagender Burschenschaften an der Elbe auch: Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm soll im Logenhaus des Waffenrings sprechen. Die rechtsextremen Verbindungen stören den Minister anscheinend wenig, die einige der schlagenden Verbindungen pflegen.

„Der Auftritt von Herrn Schönbohm ist bedenklich“, betont Luisa Fiedler, SPD-Abgeordnete in der Hamburger Bürgerschaft. „Einem Innenminister darf man unterstellen, dass ihm die Rechtslastigkeit der Veranstalter bekannt ist.“ Der Minister solle seine Teilnahme absagen.

Auch Wolfgang Gessenharter von der Hamburger Bundeswehr-Universität hält den Auftritt für unpassend: „In dem Waffenring herrscht kein durchgehend konservativ-liberaler Geist. Viele denken, eher typisch neurechts, dass nur die Würde der Deutschen unantastbar sei.“ Es sei unverständlich, dass Schönbohm einerseits rechtsextreme Kameradschaften verbiete, andererseits aber mit seiner Festrede nun „eine Veranstaltung neurechter Art adelt“.

Hamburgs Innenbehörde sagt indes wenig zu den Burschenschaften. Im Verfassungsschutzbericht taucht diese akademische Rechte nicht auf. Auch eine kleine Anfrage von Fiedler beantwortet die Behörde nur zurückhaltend und widersprüchlich. „An den Hochschulen“ seien bloß in „wenigen Burschenschaften Rechtsextreme“ anzutreffen“. Gleichzeitig führt die Behörde aber aus: „Der Verfassungsschutz (VS) beobachtet Organisationen, bei denen tatsächlich Anhaltspunkte für eine rechtsextreme Betätigung vorliegen bzw. die Mehrheit der Mitglieder oder der Führungspersonen Rechtsextremisten sind.“ Welche studentischen Verbindungen dies sind, gibt der VS jedoch nicht her.

„Das ist vollkommen unverständlich“, sagt Fiedler. Fällt doch gerade die „Burschenschaft Germania Hamburg“ immer wieder wegen rechtsextremer Vernetzungen auf. Und sie sei „nur eine der rechtsextremen Verbindungen, die sich im Waffenring sammeln“, erklärt Felix Krebs. Als Koautor des Buches „… und er muss deutsch sein“ hat er zu Hamburgs studentischen Verbindungen recherchiert.

Die Germanen selbst lassen ebenfalls keinen Zweifel an ihrer Gesinnung. Zu einer Party luden sie mit dem Spruch: „Bist du hässlich (…) oder fremd in diesem Land, bist du von Sorgenfalten oder linksliberaler Gesinnung gepeinigt (…) hast den Wehrdienst verweigert, oder eine Freundin mit, die weder schön noch still ist (…) dann bleib lieber zu Hause.“ Anfang der 1990er-Jahre, berichtet Krebs, nahmen Germanen an Wehrsportübungen teil. Als der Autor im Jahr 2000 die NPD anschrieb, um zu erfahren, an welche Studentenverbindung sich im „roten Hamburg“ ein „Nationaler“ wenden könnte – da antwortete sofort die Germania.

Die Burschenschaft beherbergte auch szenenbekannte Untermieter: Bis April 2004 wohnte Sascha Keller bei den schlagenden Studenten. Er betreibt den neonazistischen „Nordic-Hammer-Versands“ und unterstützte unter anderem das Schulhofprojekt der „Freien Kameradschaften“, die Gratis-Rechtsrock-CDs an Jugendliche verteilten.

Im Dezember vergangenen Jahres boten die Germanen einen Vortragsabend zu „60 Jahre Kesselschlacht in Halbe“ an. „Der Abend richtete sich auch an die Kameradschaften in Hamburg“, betont Krebs. Haben diese doch in den letzten Jahren in Halbe Heldengedenkaufmärsche durchgeführt.

Wie eng der „Festkommers“ mit der rechtextremen Szene verwoben ist, offenbart auch der Veranstaltungsleiter: Bernhard Knapstein ist auch „Medienbeauftragter“ der „Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft“. Sie sei ein „wichtiges Scharnier zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus“, erläutert Gessenharter. Der Hamburger VS erklärte ebenfalls vor Jahren: „Personelle Überschneidungen sind bekannt.“