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Archiv-Artikel

Post stempelt eigenen Verein ab

Die Post wollte ihren 1924 gegründeten Sportverein schon länger nicht mehr finanzieren – man warb lieber mit einem Formel-1-Rennstall. Deswegen heißt der Post SV jetzt Pro Sport SV. Er bleibt aber der drittgrößte Sportverein Berlins

Die Post geht nicht mehr ab im Sport an der Spree. Von der Öffentlichkeit fast gänzlich unbemerkt, hat sich der im September 1924 gegründete Post-Sportverein Berlin (Post SV) Anfang dieses Jahres selbst zu Grabe getragen. Der Großverein, der bis zum Zweiten Weltkrieg 22.000 Mitglieder zählte und in der Weimarer Republik das Poststadion in Moabit errichten ließ, firmiert nunmehr unter dem neuen Namen „Pro Sport 24“. Mit seinen rund 5.500 Mitgliedern ist der „Neuling“ im Berliner Vereinsleben der drittgrößte Sportclub hinter Branchenführer Hertha BSC und der hiesigen Filiale des Alpenvereins.

Es war ein Abschied auf Raten für den Post SV: Bereits zum 31. Dezember 2000 lief die Bezuschussung des sportlichen Arms der Deutschen Post durch das Mutterunternehmen aus. Ein auf zwei Jahre befristeter Anschlussvertrag mit dem Sponsor Post AG schob die Frage nach der Zukunft des Traditionsclubs nur hinaus. Als sich der Staatsbetrieb für den Börsengang fit machte, fielen ausgerechnet die Sportler der finanziellen Wellnesskur zum Opfer. „Wir waren schon düpiert, dass wir von einem Sachbearbeiter aus Bonn einen lapidaren Dreizeiler erhielten, dass das Unternehmen im Marketingbereich neue Schwerpunkte setzen möchte“, erzählt Michael Schenk, seit 16 Jahren im Club und Geschäftsführer von Pro Sport 24.

Statt mit schlanken Feierabendathleten warb der im Umbruch befindliche Staatskonzern mit den Brüdern Gottschalk und auf den Formel-1-Boliden des Jordan-Rennstalls. „Die sind auf Fernsehminuten aus gewesen. Wir hätten ihnen auch attraktive Wettbewerbe anbieten können. Ein Solidarbeitrag hätte uns ausgereicht, da wir immer schon eine hohe Eigenfinanzierungsquote hatten. Es war nicht erwünscht“, klagt Schenk.

Der Post SV schlug zurück. Die Mitglieder wollten nicht für einen Giganten Reklame machen, der sie verschmäht hatte. Auch empfanden die Post-Sportler den ihrer Vereinschronik anhaftenden Beamtenmief als Hemmnis. „Die gelbe Post passt nicht zu unserem Image“, analysiert Geschäftsführer Schenk. „Wer den Namen Post trägt, ist für andere Sponsoren wenig attraktiv. Wir haben früher immer von interessierten Leuten gehört: Ich bin nicht bei der Post – darf ich trotzdem bei euch mitmachen?“

Aus über 70 Namensvorschlägen wählte die Post-SV-Versammlung „Pro Sport 24“ als peppiges Label für die Neuzeit. Das Angebot des Clubriesen aus Wilmersdorf mit Schwerpunkt Gesundheits- und Breitensport sowie drei Millionen Euro Etat umfasst 26 Sportarten: von American Football bis Volleyball, von Beachvolleyball bis Shotokan.

Schenk hält die Umbenennung des Berliner Sportdinos für eine geglückte Zäsur, die rasch Nachahmer finden könnte. „Der Post SV aus Köln hat bereits bei uns angefragt, ob sie unseren neuen Namen übernehmen könnten.“ Vorsorglich hat die Avantgarde der Postmoderne den Namen rechtlich nicht schützen lassen. JÜRGEN SCHULZ