press-schlag : Was immer es wird, es wird sowieso nichts
Das schwarz-gelbe Gefühl wiegt schwerer als jede gewonnene deutsche Meisterschaft oder Champions League
Das war typisch Dortmund: elfmeterwürdig im Strafraum gelegt werden, den Strafstoß nicht bekommen, statt dessen wegen angeblicher Schauspielerei eine gelbe Karte kassieren, die dann die fünfte ist, weshalb man beim nächsten Spiel nicht dabei sein darf. Wie Dédé sich am Samstag im Spiel gegen Kaiserslautern fühlte, weiß jeder Anhänger Borussia Dortmunds: Was schief gehen kann, geht schief. So geht das, so ist das in Dortmund. Was immer es wird, es wird sowieso nichts. Das ist das schwarz-gelbe Gefühl. Selbst wenn man 4:2 führt, glaubt keiner, dass die Sache gut ausgehen wird. Unfähigkeit, Pech, der Schiedsrichter – irgendetwas wird schon dazwischenkommen. Wer so auf die Welt guckt, dem ist Selbstgefälligkeit fremd, der weiß drei Punkte wirklich zu schätzen.
Das schwarz-gelbe Gefühl geht so: Ob Meisterschaft oder Lizenzentzug – es wird so oder so ganz bitter. Selbst wenn der BVB gegen den Abstieg spielt, muss man abwinken: Nee, vergiss es. Ich weiß, wovon ich spreche: Ich sah meine Mannschaft zu Hause 1:3 gegen Unterhaching verlieren. Das vergisst man nicht, genauso wenig wie das 1:0 in Manchester und das 0:2 in Madrid, als das Tor fortgerissen wurde und nicht wenige der madrilenischen Fans Mord in den Augen hatten.
Das ist lange her, Dortmund wurschtelt sich durch die Niederungen des Mittelfeldes. Aber war nicht neulich schon wieder von einem Uefa-Cup-Platz die Rede? Und diese Woche von einem Tabellenstand, der zur Teilnahme am UI-Cup berechtigt, dem Hoffnungslauf der Hoffnungslosen? „Dortmund ist die zweitbeste Mannschaft der Rückrunde!“, ruft übermütig Freund und Verleger Klaus Bittermann, ein eleganter Mittfünfziger, der in einer Aufwallung von Altersfanatismus den Dortmundern Woche um Woche in jedes Stadion folgt. Optimismus taugt gut für das Privatleben – ist aber bei erwachsenen Fußballdortmundern erfreulich wenig verbreitet.
Das hat große Vorteile: Etwas wie Frank Rost könnte in Dortmund nicht existieren. So etwas muss Schalker sein und einem Assauer gehören. Das ist gut – verglichen mit der rachitischen Seele von Frank Rost ist das Innenleben von Oliver Kahn geschult an Mahatma Gandhi, Willy Brandt und Nelson Mandela. Frank Rost hat noch niemals im Leben gewonnen – wenn so etwas nicht verliert, dann siegt es.
Davon weiß man in Dortmund nichts. Nach dem Zwangsabmarsch der Großkotze Niebaum und Kompagnons ist in Dortmund das eingezogen, was dem Verein besser steht als alles andere: die Gewissheit der Begrenztheit. Keine blöde falsche Bescheidenheit, einfach nur das sichere Gefühl, dass es sowieso nichts wird. Das ist Dortmund, das ist stärker und wiegt schwerer als jede Meisterschaft oder Champions League. Das ist das schwarz-gelbe Gefühl. WIGLAF DROSTE