PALÄSTINENSERPRÄSIDENT ABBAS REFORMIERT SEINEN SICHERHEITSAPPARAT : Im eigenen Interesse
Langsam, aber sicher geht Palästinenserpräsident Machmud Abbas bei der Reform des Sicherheitsapparats vor. Erst vier Monate nach seiner Wahl löst er drei Topkommandaten ab, die zum engsten Vertrauenskreis des verstorbenen Palästinenserchefs Jassir Arafat gehörten und ihre Posten unmittelbar ihm zu verdanken hatten. Die von Abbas eingeleitete personelle Umstrukturierung muss auf die Gunst Jerusalems und Washingtons stoßen, wo die Sicherheitsreformen zu den Dauerforderungen gehören. Dennoch: Abbas agiert in erster Linie aufgrund innenpolitischer Überlegungen.
Die Ablösung von Mussa Arafat etwa war längst überfällig. Im vergangenen Juli kam Jassirs Cousin in den Genuss eines überraschenden Karrieresprungs und wurde Leiter der Nationalen Sicherheitstruppen im Gaza-Streifen. Tausende junge Fatachaktivisten demonstrierten damals gegen die Ernennung des als „korruptester Beamter der Autonomiebehörde“ Verrufenen. Sein Ende als Sicherheitschef war seit dem Tod seines Cousins nur noch eine Frage der Zeit. Nun soll Mussa zusammen mit einem zweiten gefeuerten Arafat-treuen Sicherheitschef zum „Sonderberater“ des neuen Präsidenten ernannt werden. Abbas Fingerspitzengefühl ist angebracht, denn die Situation vor allem im Gaza-Streifen ist eine empfindliche. Der von Abbas ebenfalls am Wochenende eingesetzte neue Chef des Nachrichtendienstes, Tarik Abu Rajab, war vor wenigen Monaten selbst nur knapp einem Mordanschlag entkommen. Die jahrelang von Arafat gezielt errichtete Anarchie lässt sich nicht über Nacht unter Kontrolle bringen.
Israelis und Amerikanern reicht der Personenwechsel allein kaum aus. Beide fordern eine Zerschlagung der Infrastruktur, Entwaffnungen und Festnahmen unter den militanten Widerstandsgruppen. Was indes realistisch von den Palästinensern zu erwarten ist, sind Reformen, die im eigenen Interesse unternommen werden, wie jetzt die Ablösung korrupter Beamter sowie die Konfiszierung illegaler Waffen, um das herrschende Chaos wieder unter Kontrolle zu bringen. Verhaftungen stehen auf einem anderen Blatt. SUSANNE KNAUL