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Zündschnüre, BRD 1974, R: Reinhard Hauff, D: Michael Bröhland-Olbrich, Bettina Porsch

Die Verfilmung des ein Jahr zuvor erschienenen gleichnamigen Romans von Franz Josef Degenhardt produzierte der WDR. Degenhardt, seit Anfang der 60er Jahre einer der bekanntesten Liedermacher, hat mehrere Romane geschrieben.

„Zündschnüre“ erzählt die Geschichte einer Clique von Kindern aus kommunistisch orientierten Arbeiterfamilien, die Widerstand leisten, wo es nur geht. Im letzten Kriegsjahr, die Alliierten sind auf dem Vormarsch, aber das Naziregime geht bis zuletzt gegen seine Gegner vor. „Zündschnüre“ spielt im Ruhrgebiet, in engen kleinen Wohnungen, gleich nebenan ist die Kanisterfabrik. Gleich zu Beginn des Filmes wird der Vater eines der Jungen von der Gestapo verhaftet. Er soll illegale Flugblätter verbreitet haben. Beim Verhör wird ein Bunsenbrenner hervorgeholt, gemächlich angezündet. Um damit zu foltern. Später lässt der Kommissar dem Verhafteten von einem Polizisten eine Goebbelsrede vorlesen – damit er sieht, dass wir nichts persönlich gegen ihn haben: „Bei den Kommunisten mussten wir zu anderen Mitteln greifen, denn hier haben wir es mit einem Gegner zu tun, der nur so zu brechen ist. Die Ausrottung der bolschewistischen Gefahr erfordert vollen Einsatz.“

Die Kinder erleben den Widerstand gegen die Nazis als Abenteuer, gehen waghalsig Risiken ein, bei denen die erwachsenen WiderständlerInnen sie nur mit Mühe vor leichtsinnigen Aktionen zurückhalten können. Eine auf den Rollstuhl angewiesene Oma baut ihnen einen Sprengsatz, mit dem sie auf dem nahen Bahnhof einen Versorgungswaggon der Wehrmacht sprengen: Die Zündschnüre sind lang genug, dass ihr noch weglaufen könnt bis alles hochgeht.

Wo das Buch etwas zu sehr wie ein Abenteuerroman daherkommt, ist der Film ernster, die Bedrohung durch Gestapo, Nazispitzel, Wehrmacht und SS wirkt realer, nicht so im Hintergrund wie in der Vorlage von Degenhardt. Gedreht in schwarz-weiß. Ein Lehrstück über den verdrängten proletarischen Widerstand gegen die Nazidiktatur. Was aber auch in der Verfilmung durchscheint, ist eine Überschätzung des Ausmaßes dieses Widerstands: Die Gestapo wirkt im Arbeiterviertel wie im besetzten Land, als sie mit ihrem Verhafteten wegfahren, werden ihnen Blumentöpfe aufs Auto geschmissen. Klar hat es insbesondere seitens organisierter KommunistInnen konsequenten Widerstand gegen die Nazis gegeben. Nur vermittelt Zündschnüre nicht, dass die meisten Widerstandsgruppen brutal zerschlagen wurden, ihre Mitglieder ins KZ kamen.

Es ist nachvollziehbar, dass Hauff wie Degenhardt „Zündschnüre“ als Hommage an den proletarischen Widerstand angelegt hat. Aber es kommt zu kurz, wie isoliert die WiderstandskämpferInnen in der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft waren. Gaston Kirsche

„Zündschnüre“ läuft Fr, 10. 2., 20 Uhr, Filmclub Moderne Zeiten, Volxküche, Hafenstraße 116 in Hamburg