: Kröten angepiekst
Experte vermutet, dass explodierte Erdkröten in Hamburg Vögeln zum Opfer fielen. Aufgepickte Haut zerreißt, wenn sich die Tiere aufpumpen. Bisher einzige Erklärung
Die geplatzten Erdkröten in der Altonaer Stadionstraße sind nach Überzeugung des Berliner Amphibienexperten Frank Mutschmann Raubvögeln zum Opfer gefallen. Bakterien und Pilze, die als Ursache für das Aufblähen der Tiere in Frage gekommen wären, konnten weder er noch die Wissenschaftler vom Hamburger Hygiene-Institut in der Marckmannstraße finden. Iridoviren, wie sie der aus Nordamerika eingewanderte Ochsenfrosch in sich trägt, schloss Mutschmann als Ursache aus. Diese verursachten ein anderes Krankheitsbild.
Verschiedene Zeugen, auch Wissenschaftler des Hygiene-Instituts, hatten beobachtet, wie sich die Tiere innerhalb von etwa zehn Minuten aufblähten und regelrecht explodierten (taz berichtete). An dem Rückhaltebecken in der Stadionstraße wurden Hunderte geplatzter Kröten eingesammelt. Ähnliche Fälle werden aus dem Kreis Stormarn und aus Kiel berichtet, sind aber nicht aktenkundig geworden.
Das Hygiene-Institut hatte Mutschmann zwei Tiere zur Untersuchung geschickt. Die Kröten seien hinter dem Schultergürtel geöffnet gewesen, wobei die Leber fehlte. Mutschmann vermutet, dass die Kröten bei ihrer langsamen nächtlichen Wanderung von Vögeln angepickt worden seien. Dass diese nur die Leber naschten und die Kröten weitermarschierten, sei dabei nichts Ungewöhnliches.
Wenn die Amphibien nun aufgeregt seien oder als Männchen Weibchen anlocken wollten, so pumpten sie ihre Lunge voller Luft. Bei unbeschädigter Haut blähe sich das Tier auf, ohne Schaden zu nehmen. Ist die Haut jedoch angeschlitzt, reißt sie Mutschmann zufolge von der verletzten Stelle aus auf: Die Kröte platzt. Mutschmann kennt keine Mikroorganismen, die einer Erdkröte einen ähnlichen Schaden zufügen könnten. Gegen den Erreger des Gasbrandes, der verwundete Säugetiere aufblähen könne, seien die Amphibien resistent. Der Altonaer Fall sei nur so auffällig, weil er sich an einem isolierten Gewässer abgespielt habe.
Mutschmanns Theorie ist bisher die Einzige, die eine Erklärung für das rätselhafte Krötensterben bietet. Sie wird auch von Fachleuten in Hamburg geteilt, ist allerdings umstritten. Das Hygiene-Institut hat einige der Kadaver für weitere Untersuchungen an Spezialisten versandt. Gernot Knödler