: Diskriminierung aller Hundehalter
betr.: „Ein längst fälliger Anschiss“, „Salz auf ihre Pfoten“, „Nölen über Tölen“ und „Gepfefferte Politik“, tazvom 13. 4. 05
Seit einiger Zeit gilt es offenbar als schick, sich über den Hundekot auf unseren Straßen des Langen und des Breiten zu mokieren. In Verbindung mit der allfälligen Hetze gegen die sogenannten „Kampfhunde“ wird so die Diskriminierungskampagne gegen all diejenigen unter uns, die es noch wagen, einen Hund zu halten, weiter angeheizt! Als niedergelassener Tierarzt und Hundebesitzer befasse ich mich aktiv mit dem Hundekotproblem in Berlin und kann einige Ihrer Behauptungen nicht unwidersprochen stehen lassen:
Zunächst bestreitet niemand, dass die von unverantwortlichen Hundebesitzern auf der Straße zurückgelassenen Produkte ihrer Tiere ein Ärgernis und ein hygienisches Risiko besonders für kleine Kinder darstellen. Aber Berlin ist diesbezüglich durchaus nicht „ohne Aussicht auf Besserung“. Wenn Sie etwas weiter gefasst recherchiert hätten, wären Sie sicher auf die beispielhaften Aktivitäten des Quartiersmanagement Moabit Beusselstraße gestoßen, wo seit mehreren Jahren durch die AG „Hunde in der Großstadt“ praktikable Methoden zur Eindämmung der Straßenverschmutzung durch Hundekot erfolgreich erprobt werden: Ein Netz von Tütenspendern im Kiez, pädagogische Maßnahmen für Hundehalter (beginnend im Kindergarten und in den Schulen und weitergeführt als Hundehalterkurse für Erwachsene) und restriktive Maßnahmen seitens des Ordnungsamtes (konsequente Verhängung von Bußgeldern durch die Kiezstreifen) zeigen dort gute Erfolge! Auch Ihre Behauptung, die „Ermahnungen unserer Kiezstreifen bewirken so gut wie keinen Lerneffekt“, kann so nicht stehen bleiben!
Die „Jungs in Orange“ von der BSR haben außerdem durchaus nicht resigniert, sondern sind sehr interessiert an einer Ausweitung dieser Maßnahmen auf das gesamte Stadtgebiet. So ist zum Beispiel im Gespräch, flächendeckend in Berlin Tütenspender aufzustellen, während gleichzeitig die BSR mehr ihrer orange Abfalleimer zur Aufnahme der Tütchen aufstellen und diese dann noch mit Hinweisen auf den nächsten Beutelspender versehen will. Die Berliner Tierärztekammer hat auch alle niedergelassenen Berliner Tierärzte in die Kampagne zur Hundekotvermeidung eingebunden, sie sind aufgefordert, selbst Tütenspender an ihren Praxen aufstellen und ihre Kunden eindringlich zu Reinlichkeit auf der Straße anzuhalten.
Der Plan, Hunde von manchen Grünanlagen ganz auszusperren („Gepfefferte Politik“), wie es in Friedrichshain stellenweise bereits mit millionenteuren Einzäunungen erprobt wird, stellt nicht nur eine Diskriminierung aller Hundehalter dar, sondern führt auch zu einer nicht mehr artgerechten Hundehaltung, da die als Ausweichplätze angebotenen Flächen viel zu klein sind, um Hunden mittlerer oder großer Rassen ausreichend Bewegungsmöglichkeit zu geben. Denn sonst herrscht ja nach dem neuen Hundegesetz inzwischen fast überall im Stadtgebiet Leinenzwang.
Indem Sie in dem Artikel „Salz auf ihre Pfoten“ verschiedene sogenannte „Hausmittel“ zur „Hundevergrämung“ auflisten, animieren Sie noch weitere dumme Menschen zu solch unverantwortlichem Tun! Pfeffer in der empfindlichen Nase eines Hundes, Salz zwischen den Ballen der Pfoten! Was da propagiert wird, erfüllt den Tatbestand der Tierquälerei! Die offensichtliche Einseitigkeit Ihrer Meinungsäußerungen erschließt sich auch aus Ihrer Internetempfehlung („Nölen über Tölen“). Für ein objektiveres Bild empfehle ich die Seite www.hunderunde.de und die darauf verzeichneten Links. Ein Besuch könnte sicher nichts schaden! UTZ-PETER SCHISSAU
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