: Ans Eingemachte
PLASTISCHE PORTRÄTS Monique Schwitter stellt ihren Kurzgeschichtenband „Goldfischgedächtnis“ vor
Manchmal sei sie so langsam, sagt Monique Schwitter. Während die anderen in ihren Gesprächen schon viel weiter seien, sei sie in Gedanken noch beim vorletzten Satz. Vielleicht ist die deutsch-schweizerische Schriftstellerin gerade deshalb auch in ihrem Kurzgeschichtenband „Goldfischgedächtnis“ (Droschl, 192 S., 19 Euro) so furchtbar genau: Jeder Satz trägt stetig in das Erleben der Protagonist_innen hinein und baut langsam kräftige Bilder auf.
Viele Väter gibt es. In der namensgebenden Erzählung „Goldfischgedächtnis“ – bekanntlich können sich die glänzenden kleinen Karpfen gerade mal an die letzte Runde im Glas erinnern – lässt die Hurerei und Trinksucht des Vaters die Erzählerin durch ihre Kindheit und Jugend hindurch immer einsamer und wütender werden; die Endlichkeit erklärt er ihr beim Begräbnis der Mutter: „Man muss loslassen können, auch Menschen, die sieht man dann nie wieder (…) Es ist gar nicht schwer, du wirst sehen.“
Es gibt auch den vermutlichen Vater, den alten, kaputten Autoren und Künstler, der vor Ennui und Verzweiflung über seinen körperlichen Verfall sich widerwillig an den jungen Körper der erzählenden Journalistin klammern möchte – sich aber an ihre Mutter, die er wohl kurz in den 70ern flachgelegt hat, nicht mehr erinnern kann.
Das Eingemachte haben Schwitters Geschichten zum Thema, langsam und kompromisslos breitet sich die Szenerie in ihrer Ungreifbarkeit aus. Überzeugend ist dabei Schwitters Sprache, glaubhaft und nachvollziehbar sind ihre die Dialoge. Mit einem fast märchenhaften Blick für das Wichtige, für das, was zumeist nebensächlich und im vorletzten Satz stattgefunden hat, beschreiben Schwitters Menschen ihre Welt: so wie sie sich ihnen in den Weg stellt.
Es sind plastische Geschichten, die plastischer nur noch werden können, wenn Monique Schwitter sie selbst vorträgt. Denn nicht nur eindringlich schreiben kann die 36-Jährige: Schauspielerin ist sie außerdem. REBECCA CLARE SANGER
■ Mi, 15. 2., 19.30 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 38