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Archiv-Artikel

Mit Törtchen twittern

GUT RÜBERKOMMEN Akademiker sollten schreiben lernen. Ein Ratgeber zeigt, wie es geht, und erklärt dabei gleich noch, was es mit diesem Internet auf sich hat

„Wir sind es leid, mitansehen zu müssen, wie eine unserer wichtigsten Kulturtechniken verwahrlost: Schreiben.“ Susanne Weiß und Michael Sonnabend haben mit ihren Lesern ein ernstes Wörtchen zu reden. Wie der Untertitel „Wege der Wissenschaft in die Welt“ schon sagt, wenden die beiden sich an Leute, die eigentlich schreiben können – zumindest sollten sie es können. Dabei geht es nicht um Rechtschreibung, sondern um die Fähigkeit, sich verständlich auszudrücken. An diesem Punkt sehen die Autoren großen Nachholbedarf. Eines ihrer Beispiele: „Zusammenfassen lassen sich unsere Ergebnisse also dahingehend, dass die Einschätzung unserer Weiterbildungseffektivität mit der Passung von arbeitsbezogenen Bedürfnissen und dem Grad ihrer Erfüllung steigt.“ Nach Lektüre solcher Sätze wird kaum jemand bezweifeln, dass hier einiges im Argen liegt.

Die gute Nachricht lautet: Schreiben ist ein Handwerk, das erlernt werden kann. Und bei den ersten Schritten dorthin nehmen die Autoren ihre Leser mit wie auf einen Spaziergang. Übungen zu jedem Kapitel werden mit Verweisen auf eine Webseite begleitet, die an einigen Punkten weiterführt, wozu im Buch kein Platz ist. Auch die Besonderheiten der Kommunikation auf verschiedenen Kanälen werden thematisiert: Was sollte in sozialen Netzwerken, beim Bloggen, Twittern oder bei Vorträgen beachtet werden? Und was bringt das alles überhaupt? Selbst wenn man an einigen Stellen auf Bekannte Ratschläge stößt, verleitet der Unterhaltungswert zum Weiterlesen – und dann kommen wieder neue, zum Teil überraschende Anregungen und Verweise.

Erfreulich an diesem Ratgeber ist nicht nur, dass er es sprachlich besser macht. Auch die Respektlosigkeit gegenüber den potenziellen – vor allem wissenschaftlich gebildeten – Lesern ist erfrischend. Jene, die noch nicht viele Erfahrungen im Web gesammelt haben, werden gefragt: „Was haben Sie eigentlich in den letzten zehn Jahren gemacht?“ Hier wird nichts hochgehängt, sondern ironisch gebrochen, um den Zugang zum Thema zu erleichtern. Potenziellen Twitterern raten die Autoren etwa, sich ein Törtchen zu genehmigen und sich dabei einen geeigneten Benutzernamen zu überlegen. So sinnlich kann das „Webzwonull“ sein – und das gilt übrigens nicht nur für Wissenschaftler. LARS KLAASSEN

Susanne Weiß, Michael Sonnabend: „Schreiben – Bloggen – Präsentieren: Wege der Wissenschaft in die Welt. Eine Reputationswerkstatt“. Edition Stifterverband, Essen 2011, 140 Seiten, 12,90 Euro Weitere Infos: schwafelkiller.com