: Scharmützel zwischen Georgien und Südossetien
KAUKASUSKONFLIKT Tiflis und Moskau geben sich gegenseitig Schuld an neuen Zusammenstößen
MOSKAU taz | An der Grenze zwischen der abtrünnigen Republik Südossetien und Georgien ist es in den letzten Tagen wieder zu mehreren Scharmützeln gekommen. Erst Mitte der Woche hatten südossetische und georgische Quellen ein Wiederaufflackern der Feindseligkeiten gemeldet und sich gegenseitig die Schuld an den Auseinandersetzungen zugeschoben. Am 7. August jährt sich der Jahrestag des russischen Kaukasusfeldzugs zum ersten Mal.
Unterdessen soll sich die Lage auch am Wochenende wieder zugespitzt haben. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums sei die Hauptstadt Südossetiens, Zchinwali, erneut von Georgien aus mit Granatwerfern beschossen worden. Das Ministerium erklärte daraufhin, es wolle sich für den Fall „weiterer Provokationen“ das Recht vorbehalten, „alle verfügbaren Mittel und Maßnahmen zur Verteidigung der Bürger Südossetiens und der dort stationierten russischen Soldaten zu ergreifen“.
Georgiens Innenministerium wies die russischen Vorwürfe zurück. Über das Wochenende sei weder von der einen noch der anderen Seite geschossen worden. Die russische Behauptung zeige, welche „aggressive Absicht“ die Führung in Moskau verfolge, meinte ein Ministeriumssprecher in Tiflis. Die internationale Gemeinschaft dürfe nicht zulassen, „dass Russland sie an der Nase herumführt“. Das Außenministerium wertete Moskaus Vorgehen als Versuch, „die Lage in der Region zu destabilisieren und die Entwicklung eines gefährlichen Szenarios zu fördern“.
Davor warnen auch westliche Diplomaten, die nicht ausschließen wollen, dass der Streit in einer neuen Welle von Gewalt eskalieren könnte. Beobachter der in Georgien stationierten EU-Mission sagten gegenüber dem Onlinedienst Civil Georgia, dass ihre Patrouillen keinen Beschuss von Zchinwali registriert hätten. „Hinweise haben wir keine, die bestätigen könnten, dass Zchinwali oder die Umgebung beschossen wurde.“
Am Vortag hatte die Mission jedoch vier Detonationen auf dem Gebiet Südossetiens beobachtet, konnte deren Ursache aber nicht klären. Denn Russland verweigert den EU-Beobachtern den Zugang zu Südossetien und Abchasien, der anderen abtrünnigen Republik, deren Unabhängigkeit Moskau nach dem Krieg 2008 anerkannte. Die Mission beschränkt sich daher auf das georgische Kernland.
Offiziell begründet der Kreml seine Haltung damit, dass kein EU-Staat die beiden Republiken anerkannt habe und diese darüber selbst zu befinden hätten. Tatsächlich dürfte es Moskau aber darum gehen, sich nicht in die Karten schauen zu lassen und die militärische Aufrüstung der Region möglichst ungestört voranzutreiben. KLAUS-HELGE DONATH