: Stolpersteine
Für Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Vizepräsidentin des Zentralrats der Juden, ist es „unerträglich“, die Namen von ermordeten Juden auf Stolpersteinen zu sehen, auf denen herumgetrampelt werde. Auf diese Art und Weise werde das Andenken der Ermordeten „geschändet“. Mit ihrer Meinung stand sie in München nicht allein – am 16. Juni 2004 erklärte der Stadtrat die schon erfolgte Verlegung zweier Stolpersteine für ungültig. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) begründete seine Ablehnung mit der Befürchtung einer „Inflationierung der Gedenkstätten“. Kurz nach dem Beschluss wurden die Steine wieder aus dem Asphalt entfernt. Die Steine waren auf Wunsch von Peter Jordan zum Andenken an seine ermordeten Eltern verlegt worden.
Was in München Schwierigkeiten verursacht, hat sich in vielen deutschen Städten inzwischen erfolgreich durchgesetzt – über 3.700 Steine wurden in den letzten Jahren verlegt. Fast immer mit der Zustimmung der jüdischen Organisationen vor Ort. Die zehn mal zehn Zentimeter großen Gedenksteine werden vor den letzten Wohnorten der Opfer eingelassen und tragen eine Inschrift mit ihren Namen, dem Geburts- und Todestag sowie dem Ort ihrer Ermordung.
„Stolpern“ kann man über die Gedenksteine nur im übertragenen Sinn. Ihrem Erfinder, dem Künstler Gunter Demnig, geht es darum, das Gedenken dort stattfinden zu lassen, wo „die Ausgrenzung begonnen habe – am letzten Wohnort der Opfer“.
Seit 1995 verlegt Gunter Demnig Stolpersteine in ganz Deutschland, angefangen hat er in Köln. Inzwischen wurden sogar in Paris schon Stolpersteine verlegt. Die Organisation erfolgt meist über lokale Initiativen, die in den Archiven ihrer Städte nach zwischen 1933 und 45 ermordeten Mitbürgern suchen. Verlegt werden die Steine von Gunter Demnig, jemand übernimmt die „Patenschaft“ für einen Stein: dessen Pflege und die Finanzierung von 95 Euro.
Zum Nachlesen: Vera Friedländer: „Man kann nicht eine halbe Jüdin sein“. Agimos Verlag, Kiel 1996, 268 Seiten, 13,24 Euro Kirsten Serup-Bilfeldt: „Stolpersteine – Vergessene Namen, verwehte Spuren. Wegweiser zu Kölner Schicksalen in der NS-Zeit“. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003, 8,90 Eurowww.stolpersteine.com