: Für Großverleger gibt’s nur kalte Platte
Die warmen Abendessen beim Kanzler haben nichts genützt: Mit der Ablehnung der Pressekartellrechts-Reform im Bundesrat übernehmen nun die Länder die Regie. Sie stehen auf Seiten der kleinen und mittleren Zeitungsverlage
Manchmal kann man den Föderalismus auch lieb haben: Der Bundesrat hat gestern wie erwartet die Novelle des Kartellrechts wegen der besonderen Vorschriften für die Presse abgelehnt und den Vermittlungsausschuss angerufen. Damit dürften die Pläne der Großverlage von WAZ bis Springer, nach einer von Teilen der SPD unterstützten weitgehenden Liberalisierung der Kartellvorschriften wieder kräftig im deutschen Zeitungsmarkt zuzuschlagen, endgültig blockiert sein. Denn nun sind die Länder am Zug, und hier überwiegt die Sorge um den verlegerischen Mittelstand.
„Die Vorschläge sind eine Gefahr für die Pressevielfalt“, sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) – und unterbreitete gleich noch einen eigenen Vorschlag, der eigentlich von den Grünen stammt, im Kompromissgerangel mit dem großen Koalitionsbruder aber über Bord ging: Fusionen sollten insgesamt nicht erleichtert werden, die im Bundestagsbeschluss vorgesehenen umfänglichen Kooperationsmöglichkeiten der Verlage in den Bereichen Druck, Anzeigen und Vertrieb müssten auf kleinere und mittlere Zeitungsunternehmen beschränkt werden. „Da braucht es einen fest umrissenen Rahmen“, so Hirche. Sonst habe das angeblich zur Rettung der Zeitungsvielfalt betriebene Unterfangen nur den Effekt, den „Druck auf mittelständische Zeitungen zu erhöhen – zugunsten der Großen“.
Die haben nun den Salat, dabei hatten sie durch gezielte Lobbyarbeit und warme Abendessen beim Kanzler die Reformdebatte überhaupt erst angeschoben. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), der seine eigenen, deutlich großverlegerfreundlicheren Pläne bereits in den eigenen Koalitionsfraktionen nicht durchsetzen konnte, hatte gestern dagegen Kreide gefressen: „Nichts tun ist auch keine Lösung“, appellierte er an die Länder und bat, sich wegen der „drohenden Erosion der deutschen Zeitungslandschaft“ bei den anstehenden Verhandlungen „nicht von bestimmten Blickwinkeln aus Landessicht oder mit Blick auf bestimmte Verlage täuschen zu lassen“. Denn „diesen Blick hat jeder in der Diskussion“ – das war immerhin verblüffend ehrlich in einer Causa, die nicht ganz von ungefähr auch unter „Lex Holtzbrinck“ formiert.
Doch der Konzern, der wegen seines Tagesspiegels immer noch nicht die Berliner Zeitung von Gruner + Jahr übernehmen darf, diese dummerweise aber schon bezahlt hat, glaubt wohl auch nicht mehr an medienpolitische Wunder. Der Tagesspiegel steht gerüchtehalber wieder einmal zum Verkauf. STEFFEN GRIMBERG