: Die erste Niete
Am Anfang der zweiten Halbzeit verlor Patrick Helmes fünf Bälle in Folge. Einmal bekam er Szenenapplaus, als er beim Nachsetzen angeschossen wurde. Heißt: Er mühte sich; aber es ging im Grunde nichts. Umso erstaunlicher war es, als er nach 69 Minuten zum Strafstoß schritt. Seufzer in der VW-Arena. Es grenzt an ein Fußballwunder, dass Helmes die mentale Stärke hatte, diesen Strafstoß zu verwandeln. Genützt hat es nichts: Der VfL Wolfsburg verlor gegen 1899 Hoffenheim mit 1:2 und lieferte dabei eine Darbietung ab, die VfL-Chef Felix Magath treffend als „unser schlechtestes Spiel in dieser Saison“ einordnete. Für Hoffenheim trafen Roberto Firmino (2.) und Sven Schipplock (85.).
Insofern ist es verständlich, dass die Nordkurve „Deutscher Meister VfL“ und „Oh, wie ist das schön“ sang und so in einer mentalen Zeitmaschine zurück ins Jahr 2009 flüchtete, als der VfL einen atemberaubenden Fußball spielte, wie man ihn in Wolfsburg nicht davor und auch nicht mehr danach gesehen hat.
Doch es steht nicht so schlimm wie im Vorjahr: Der VfL hat sieben Punkte Vorsprung vor dem Relegationsplatz und es gibt ausreichend schwächere Teams. Aber wenn sich der VfL das Stadion leerspielt und die Verbliebenen nun auch verliert, wird es schwierig. Die Leute hätten „das Recht, sich kritisch zu äußern, wenn die Leistung nicht stimmt“, sagt Magath. „Aber so eine Reaktion während des Spiels hilft der Mannschaft nicht.“ Damit hat er sicher Recht. Nur: Wann sollen die Leute sich äußern? Wenn sie wieder zuhause sind?
„Die Stimmung ist recht aggressiv hier zur Zeit“, sagte Helmes. Es klang ein bisschen, als wolle er sagen: Aber was soll mich noch erschüttern? Er war vor einem Jahr mit ordentlicher Torquote aus Leverkusen gekommen, wenn auch nach schwerer Verletzung nicht in alter Form. Magaths Unternehmen, aus vielen Spielern durch Trial-and-Error ein neues Team aufzubauen, musste ihm als Lotterie erscheinen, in der er als erste Niete gezogen wurde. Er schoss zwei Tore am ersten Spieltag, wurde bald vom Team-Training ausgeschlossen, zu einem Blitz-Wechsel gedrängt, dann im November zum Regionalligateam relegiert. Und stand nun erstmals seit Monaten wieder im Team, weil Magath seine kalte Bestrafung bei seinem einzigen Topstürmer Mario Mandzukic anwendet.
Dass Helmes, 27, abgesehen von Einsatzwillen kaum was beizutragen hatte, kann nach seinem Saisonverlauf keinen verwundern. „Ich habe viel mitgemacht“, sagt er. Magath hatte klargemacht, dass er Helmes für einen Stürmer hält, der in einem funktionierenden Team den allerletzten Ball übernehmen kann. Und dass er so einen zumindest derzeit nicht braucht. Und nun? „Beim Elfmeter hat man seine Stärke gesehen“, sagte Magath. Ob das ein Lob war? PU