Tat ohne Sinn

Vater schüttelt sein Baby so sehr, dass es behindert bleibt: Gericht verurteilt ihn zu einem Jahr und sechs Monaten

bremen taz ■ Er konnte es nicht erklären. Warum ein 31-jähriger Bremer an einem Abend vor rund viereinhalb Jahren sein sechs Wochen altes Baby so sehr schüttelte, dass es schwerst mehrfachbehindert bleiben wird – das wusste gestern am Ende der Verhandlung keiner der Prozessbeteiligten. Nur das Urteil des Schöffengerichts stand: eineinhalb Jahre auf Bewährung, die für drei Jahre ausgesetzt werden, dazu eine Geldstrafe von 900 Euro. Der Staatsanwalt hatte eine dreijährige Freiheitsstrafe gefordert, er hatte dem Beschuldigten Vorsatz unterstellt. Der Mann habe sein Kind nur aus Frust geschüttelt. Eine Argumentation, der Richter Günther Schulz und seine Schöffen nicht folgten.

Der Angeklagte gab an, dass er an dem Tatabend seiner Tochter die Flasche geben wollte und für einen kurzen Augenblick das Wohnzimmer verlassen habe. Als er zurück kam, habe das Kind am Boden gelegen, sich sonst aber normal verhalten. Dann habe er es geschüttelt. Zögernd und leise berichtete der Beschuldigte, er habe das Mädchen ins Bett gelegt. Erst am nächsten Morgen hätten die Eltern bemerkt, dass das Kind nicht normal reagierte und es ins Krankenhaus gebracht.

Dort stellten die Ärzte bei dem Säugling eine Hirnschwellung sowie eine Blutung im Kopf fest. „Es war bewusstlos, hatte einen Krampfanfall. Es hätte sterben können“, sagte die behandelnde Kinderärztin vor Gericht. Bis heute leidet das Kind unter schweren Behinderungen, kann weder allein essen noch trinken, die Beine sind gelähmt, es leidet an Epilepsie. Zur Zeit wohnt das Mädchen in einem Pflegeheim.

Ein Sachverständiger erklärte vor Gericht, dass das Mädchen mit „höchster Wahrscheinlichkeit“ ein Schütteltrauma erlitten habe, das durch die heftigen Bewegungen des Vaters verursacht wurde. Die Ärztin aus dem Klinikum hatte den Vater mehrfach darauf angesprochen, der schließlich zugab, das Mädchen misshandelt zu haben.

Mit gesenktem Kopf und ohne ein Wort des Bedauerns nahm der Angeklagte das Urteil auf. Seit der Trennung von seiner Frau vor einem Jahr hat er seine Tochter nicht mehr besucht. Und wieder bleibt die unbeantwortete Frage: Warum? ky