Der Wochenendkrimi
: Bei Betreten Mord

„Tatort: Minenspiel“, So., 20.15 Uhr, ARD

Ein Industrieller ist beim Joggen auf eine Mine getreten, die Beine wurden abgerissen, das Opfer verblutete. Wie beschafft man sich eigentlich so ein Mordgerät? „Buddeln“, sagt der befragte Sprengstoffexperte, „Sie fahren nach Afghanistan oder Angola und buddeln sie aus.“

Mehr als 100 Millionen scharfe Minen sollen weltweit verstreut liegen, die Räumung jeder einzelnen kostet bis zu 1.000 Dollar. Da lässt sich also viel Geld verdienen. Oft sind die gleichen Firmen an der Beseitigung der Minen dabei, die zuvor mit der Herstellung beschäftigt waren. Eine aberwitzige Welt, in die Schenk (Dietmar Bär) und Ballauf (Klaus J. Behrendt) in diesem WDR-Tatort hineinschauen. Nach und nach erschließen sich den Kommissaren die wirtschaftsstrategischen, geopolitischen und neokolonialistischen Implikationen in dem bösen Spiel mit der Submunition. Passenderweise hat es ja erst letzten Monat einen Eklat zwischen der Unicef und DaimlerChrysler gegeben, weil der Konzern, der bei humanitären Einsätzen in minenverseuchten Krisenregionen gewinnbringend beteiligt ist, auch bei der Herstellungen geächteter Waffentechnik involviert sein soll.

Zwar verzichten Regisseur Torsten C. Fischer und Autor Karl-Heinz Käfer auf solche konkreten Verweise, trotzdem gelingt es ihnen in „Minenspiel“, das Thema mit einer gewissen Dringlichkeit nach Mitteleuropa zu tragen: Der Mord führt zu Stiftungen mit schönen Namen wie „Land statt Minen“, die durchaus mit kommerziellem Kalkül betrieben werden.

Obwohl alle Figuren dieses Issue-Thrillers eine streng erzählerische Funktion erfüllen, entwickelt sich durch die exzellenten Darsteller trotzdem eine gewisse melodramatische Wucht. Es geht um eine Krankenschwester, die früher in Angola gearbeitet hat und heute keine verstümmelten Kinder mehr sehen kann (Maria Simon); um einen ehemaliger Entwicklungshelfer, der seine Beine im Einsatz verloren hat (Johann von Bülow); um einen ausgetickten Sprengstoffexperten (Jürgen Tarrach) und allerhand vermeintliche Wohltäter. Sukzessive werden die schuldhaften Verstrickungen offen gelegt. Eine der zentralen Aussagen trifft ein angolanischer Aktivist: „Früher sind die Missionare gekommen, heute kommen die Minenräumer.“

Ein Krimi mit Botschaft – ausgeklügelt, aufwühlend und mit düsterem Witz. Am Ende tritt Schenk selbst auf eine Mine und bleibt eine Nacht darauf stehen, um den Zündmechanismus zu unterbrechen. Aber so was gibt es nur in Hollywood – Schenks Mine war glücklicherweise einfach nicht scharf. Die 100 Millionen anderen im Rest der Welt sind es noch. CHRISTIAN BUSS