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Archiv-Artikel

Gordon Brown will Premier werden

Sie mögen sich nicht, das ist kein Geheimnis. Der britische Premierminister Tony Blair und sein Schatzkanzler Gordon Brown hatten sich nach dem plötzlichen Tod des Labour-Führers John Smith 1994 um dessen Nachfolge beworben. Blair habe seinem Widersacher den Posten des Schatzkanzlers im Gegenzug für den vorläufigen Verzicht auf die Parteiführung versprochen. Nach einer Amtszeit wollte Blair angeblich den Stuhl für Brown räumen. Er tat es nicht, und seitdem ist das Verhältnis zwischen den beiden so empfindlich gestört.

Brown ist Blair intellektuell überlegen, das weiß auch der Premierminister. Aber Brown ist auch berüchtigt für seine Wutanfälle und sein meist mürrisches Gesicht. Deshalb hatte die Labour-Partei 1997 kalkuliert, dass der damals jugendlich wirkende, charmante und stets grinsende Blair bei den Wählern besser ankommen würde. Das hat sich inzwischen gründlich geändert. Blair hat seit den Manipulation in Zusammenhang mit der Begründung für der Irakkrieg das Vertrauen verspielt – nicht nur beim Wähler, sondern auch im Parlament. So ist Blairs Erklärung vom vergangenen Herbst, dass er bis 2008 im Amt bleiben will, wohl nur Wunschdenken. In einem, spätestens in zwei Jahren, wird der Schatzkanzler Premierminister sein.

Brown halten die Briten für glaubwürdig, obwohl er Blairs Irakpolitik unterstützt hat. Der Schatzkanzler hat mehr Einfluss auf die Regierungspolitik, als es seine Vorgänger hatten. Es gelang ihm, das vorläufige Nein zum Euro gegen den Willen Blairs durchzusetzen – nicht zuletzt deshalb, weil er mit seiner Wirtschaftspolitik Erfolg hat: Die Inflation ist auf dem tiefsten Stand seit 30 Jahren, und auch die Arbeitslosigkeit war seit den Siebzigerjahren nicht mehr so niedrig.

Brown ist 1951 in Glasgow geboren, sein Vater war Presbyterianerpfarrer. Brown begann im Alter von 16 Jahren mit dem Studium der Geschichte an der Universität von Edinburgh und promovierte 1975. Seit einem Sportunfall bei einem Rugbyspiel seiner Universitätsmannschaft ist er auf dem linken Auge blind. Nach dem Labour-Wahlsieg wurde er vor acht Jahren zum Finanzminister ernannt. Keiner hat dieses Amt länger ununterbrochen bekleidet als er. Im vorigen Monat hat das Time Magazine Brown in die Liste der 100 einflussreichsten Menschen der Welt aufgenommen. Tony Blair fehlt in dieser Liste. RALF SOTSCHECK