: Wie Bremen seine Zahlen schön macht
Die Gutachten über die Erfolge der Sanierungspolitik macht Bremen immer noch am liebsten selbst. Die Zuschüsse für die „International University“ waren fiskalisch gesehen eine gute Investition, hat jetzt der frühere Staatsrat Dannemann errechnet – bei seinem Modell aber ein paar weniger schöne Faktoren unterschlagen
Bremen taz ■ Die „Forschungsstelle Finanzpolitik“ (FoFi) an der Bremer Universität hat unlängst eine Expertise zur „regionalwirtschaftlichen Rentabilität der Internationalen Universität (IUB)“ vorgestellt, die im Weser Kurier lobend zitiert wurde. „IUB lohnt sich für Bremen“, hieß die Schlagzeile, und „Finanzforscher sehen für den Bund sogar noch größere Gewinne“. Zuschüsse für eine Universität rentieren sich – was will man mehr!
Denn eigentlich sind Kosten für die Infrastruktur schlicht Ausgaben. Wenn sie auf Pump finanziert werden, stellt sich die Frage, ob sie notwendig sind und ob sie, wenn sie streng genommen nicht notwendig sind, sich wenigstens langfristig fiskalisch rentieren. Auf diese Frage hinsichtlich der Zuschüsse für die IUB sollte das Forschungsinstitut eine Antwort finden. Leiter des Forschungsinstitutes ist der früher für die Ausgabe verantwortliche Finanzstaatsrat Günter Dannemann. „Habe ich das richtig entschieden?“, könnte also die heimliche Überschrift für die Expertise sein.
Sein Ergebnis ist ein eindeutiges „Ja“. Der Bund macht ein jährliches Plus von 5,8 Millionen Euro, das Land Bremen eines von 3,5 Millionen Euro, wenn die IUB einmal ihre angestrebte Ausbaustufe – 1.200 Studierende – und der Science Park drum herum 800 Arbeitsplätze hat, rechnet die Expertise vor. Wer sich die komplexe Rechnung genauer anguckt, stellt fest, dass man die Zahlen auch anders interpretieren kann.
Erstens: Bremens „Gewinn“ von 3,5 Millionen Euro in dem Rechenmodell kommt nur zustande, weil Bund und Länder 9,6 Millionen Euro pro Jahr über den Finanzausgleich in die bremischen Kassen überweisen müssen (für die durch IUB und Science Park gestiegene Einwohnerzahl Bremens). Diese Summe ist bei Bremen als Gewinn eingerechnet, bei Bund und Ländern aber nicht abgezogen worden. Tut man das, dann müsste das Ergebnis der Expertise lauten: Das Land Bremen „gewinnt“ jährlich 3,5 Millionen Euro, weil Bund und Länder über den Länderfinanzausgleich 3,8 Millionen Euro verlieren.
Zweitens: Die FoFi-Expertise beziffert die Bremer Zuschüsse für das Projekt mit 109 Millionen Euro („Anschubfinanzierung“) und fünf Millionen Euro für die Erschließung des Geländes für den Science Park. Wenn man die 50 Millionen Euro Kredit Bremens an die IUB dazu rechnen würde – über die Möglichkeit der Rückzahlung dieser Summe findet sich in den Finanzplanungen der IUB kein Hinweis – und die 15 Millionen Euro aus der Kasse der Eon, die auf ein Konto des Landes Bremen überwiesen wurden und die Bremen außerhalb des Haushaltes an die IUB weitergeleitet hat, dann würden die 3,5 Millionen Euro „Gewinn“ Bremens praktisch vollständig von den direkten und indirekten Zinslasten für die Zuwendungen an die IUB aufgefressen.
Drittens: Schließlich unterstellt die Modellrechnung des Forschungsinstitutes einen Zustand irgendwann nach 2011, zu dem an der IUB 1.200 Studierende (meist mit Wohnsitz in Bremen) zu finden sind und 400 IUB-Mitarbeiter und 800 neue Arbeitskräfte im Science Park kräftig Steuern zahlen. Bisher gibt es keinen solchen Science Park und die IUB ist noch nicht voll ausgebaut. In den ersten zehn Jahren summieren sich also zusätzliche fiskalische Anlaufverluste in einer Größenordnung von mindestens 60 Millionen Euro, die sich auf Bund, Länder und Bremen „verteilen“ und folglich bei einem Rentabilitätsmodell als zu verzinsenden „Gründungskosten“ zu Buche schlagen müssen.
Viertens: Die FoFi-Rechnung unterstellt, dass die 800 Arbeitsplätze im Science Park zusätzlich sind, dass also die Firmen, die sich dort ansiedeln werden, nicht nur innerhalb Bremens umziehen. Für die anderen Bundesländer ist es sogar kein Vorteil, wenn Bremen mit ihren Sanierungshilfen Betriebe und Mitarbeiter an die Weser lockt. Eine Schätzung der Verlagerungseffekte, die sich beim Technologiepark an der Uni gut studieren lassen, hätte die Vorteilsbilanz für Bremen und für die Kasse Bund und Länder noch weniger schön aussehen lassen.
Klaus Wolschner