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Wenn der Hund tatsächlich gar kein Hund ist

Am Bremer Werdersee sitzend, denke ich über einen Artikel zu künstlicher Intelligenz nach, den ich gerade gelesen habe. Wie sie unser Leben verändert, vielleicht unsere Gehirne. Was passiert, wenn wir nicht mehr selbst kreativ werden, keine Verbindungen zwischen Wörtern suchen, keine Gedanken ausformulieren? Werden wir noch in der Lage sein, mit anderen Menschen zu kommunizieren? Was verbindet uns, wenn wir nur für uns erzeugte Musik hören oder Videos anschauen?

Der Ruf eines Mannes nach seinem Hund unterbricht meine Gedanken. „Siri“, ruft er, „Siii-ri“, „Si!Ri!“ Eigentlich ein schöner Name, denke ich, wie die Schriftstellerin Siri Hustvedt, aber wahrscheinlich hat der Mann seinen Hund nicht nach ihr, sondern der Apple-Sprachsteuerung benannt.

Bremen-­Neustadt

47.000 Ein­wohner*innen.

In dem Stadtteil liegt das Naherholungsgebiet ­Stadtwerder zwischen Weser und Kleiner Weser, auch Werdersee genannt. Der Weser-Fern­radweg führt hier entlang.

In dem Moment fährt er auf seinem Rad an mir vorbei, immer noch Siri kommandierend, die offenbar keine Lust hat zu gehorchen und nirgends zu sehen ist. Und dann begreife ich. Es gibt keinen Hund. Der Mann, ich schätze ihn auf Mitte zwanzig, hat den Kopf zur Seite gelegt, den Blick schräg nach unten gerichtet. Ich sehe ihm nach, wie er versucht, mit der Software Kontakt aufzunehmen. Noch eine Weile höre ich ihn in verschiedenen Tonlagen nach Siri rufen. Eiken Bruhn

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