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Archiv-Artikel

Duft einer Guave

GEBURTSTAG Gabriel García Márquez wird 85 Jahre

Von Graham Greene habe er gelernt, die Karibik in eine „poetische Synthese“ zu bringen, verriet Gabriel García Márquez einmal: „Mit einigen verstreuten Elementen, die in einen sehr feinen und realen subjektiven Zusammenhang gebracht werden – mit dieser Methode kann man das ganze Rätsel der Tropen auf den Duft einer verrotteten Guave reduzieren“.

Geboren wurde „Gabo“, wie sie ihn in Kolumbien nennen, vor genau 85 Jahren im Karibikdorf Aracataca, dem erklärten Vorbild für Macondo in „Hundert Jahre Einsamkeit“ (1967). Das melancholische Epos um die Buendía-Sippe wurde auf Anhieb zum Bestseller. Das Etikett „Magischer Realismus“, das sich bis heute hartnäckig hält, mochte er nie: „In meinen Romanen gibt es keine einzige Zeile, die nicht auf der Wirklichkeit gründet.“

Den Journalismus erklärte er zum „besten Beruf der Welt“, in den 50er Jahren verfasste er illusionslose Reportagen aus Osteuropa. In den 70er Jahren schrieb er für die linke Wochenzeitung Alternativa, 1982 bekam er den Literaturnobelpreis. Durch „Das Abenteuer des Miguel Littín. Illegal in Chile“ (1986) verschaffte er der Opposition gegen das Pinochet-Regime Aufmerksamkeit. Auf Kuba gründete der Verfasser zahlreicher Drehbücher eine Filmakademie, im kolumbianischen Cartagena eine Journalistenschule. Dem Unabhängigkeitskämpfer Simón Bolívar widmete er den Roman „Der General in seinem Labyrinth“ (1989), auch seine Erzählungen oder Liebesromane wurden zu Welterfolgen.

Seine Faszination für die Macht, die er bereits im experimentellen Diktatorenroman „Der Herbst des Patriarchen“ (1975) zeigte, führte ihn schließlich in die Nähe von Staatsmännern wie wie François Mitterrand oder Fidel Castro. Hinter den Kulissen setzte er sich für Entführungsopfer oder politische Gefangene ein. Weil er nie mit dem kubanischen Revolutionsführer brach, schalt ihn sein früherer Freund Mario Vargas Llosa als „Höfling Castros“.

Anders als sein peruanischer Antipode zog sich García Márquez im Alter allmählich aus der öffentlichen Debatte zurück. Den Lymphdrüsenkrebs, der ihm um die Jahrtausendwende diagnostiziert wurde, hat er überstanden – aber nur noch selten zeigt er sich in Mexiko-Stadt, wo er mit seiner Frau Mercedes lebt, in der Öffentlichkeit. 2002 erschien der erste Teil seiner üppigen Autobiografie „Leben, um davon zu erzählen“, doch mit der damals ankündigten Fortsetzung ist wohl nicht mehr zu rechnen. Happy Birthday, Gabo!

GERHARD DILGER