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Archiv-Artikel

Nazis ermitteln gegen NSU

RECHTSTERROR In Sachsen wird im geplanten Untersuchungsausschuss zu der Neonazi-Zelle auch die NPD sitzen. Grüne, Linke und SPD wollen ihn trotzdem

HAMBURG taz | Die Demokratie macht es möglich: Am Mittwoch werden Linke, SPD und Grüne im Landtag von Sachsen einen Untersuchungsausschuss zu der Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) einsetzen. In dem Ausschuss dürfte dann auch die NPD mitarbeiten. Die Landesregierung von CDU und FDP hat deswegen „höchste Bedenken“ gegen das Gremium.

Vor allem Innenminister Markus Ulbig (CDU) warnt, dass die NPD in dem Ausschuss Einblicke in sicherheitsrelevante Unterlagen erhalten könnte. Der CDU-Landtagsabgeordnete Günther Schneider sagt zudem: „Es ist nicht auszuschließen, dass die Anwesenheit der NPD im Untersuchungsausschuss auch Auswirkungen auf Aussagegenehmigungen für Zeugen haben wird.“ Eine unlautere Argumentation sei das, findet die Landtagsopposition des Freistaates.

Ein Minderheitsrecht ermöglicht der Opposition, den Ausschuss gegen den Willen der Regierung zu installieren. Dort sollen 19 Abgeordnete sitzen, einer wäre von der NPD. „Die NPD hat somit keine Möglichkeit, Anträge durchzubekommen“, sagt Kerstin Köditz von der Linkspartei. Die Landtagsabgeordnete verweist darauf, dass die NPD bereits im Rechts- und Verfassungsausschuss sowie dem Innenausschuss sitzt, wo der Partei längst sensible Informationen zugänglich seien. Niemand käme auf die Idee, diese Ausschüsse deswegen aufzulösen. „Es kann nicht sein, dass die Demokratie wegen den Feinden der Demokratie abgebaut oder abgewehrt wird“, sagt Köditz.

Für Grüne, Linke und SPD reiht sich die Skepsis von CDU und FDP in ihre bisherige Blockadehaltung ein. „Die Verweigerung vom Innenminister und der Staatsregierung macht den Ausschuss unumgänglich“, sagt Martin Dulig, SPD-Fraktionschef in Sachsen. „CDU und FDP verstecken sich hinter der NPD“, findet auch Miro Jennerjahn von Bündnis 90/Die Grünen. In dem Dringlichkeitsantrag, der die Arbeitsweise des Ausschusses festlegt, werde berücksichtigt, dass die NPD mit dabei sei. „Wir werden deswegen alleine Erkenntnisse der staatlichen Stellen abfragen, nicht deren Quellen“, sagt der grüne Landtagsabgeordnete. Er erinnert daran, dass das NSU-Trio in Zwickau, einer sächsischen Stadt, untertauchen konnte. „Es war gerade das Klima des Leugnens und Ignorierens, das den Freistaat zu einem dankbaren Ruhe- und Rückzugsraum für die Mörder des NSU gemacht hat.“ Das staatliche Versagen müsste deshalb auch in Sachsen endlich aufgearbeitet werden.

ANDREAS SPEIT