Kunst gegen Hierarchien

KUNST Die deutsch-irische Künstlerin Mariechen Danz kritisiert in ihrer Arbeit Wissenschaft und Sprache. Ab Samstag ist das in der GAK zu besichtigen

VON RADEK KROLCZYK

Zugegeben: Es ist dann doch eher Zufall, dass ausgerechnet zum Internationalen Frauentag an dieser Stelle die Ausstellung der deutsch-irischen Künstlerin Mariechen Danz besprochen wird. Ihre Arbeiten, die zurzeit in der Gesellschaft für aktuelle Kunst zu sehen sind, sind nämlich auch ganz ohne diesen Anlass äußerst sehenswert.

„How to know?“, ist mit bunter Kreide an eine Schultafel geschrieben, davor stehen hölzerne Kuben, auf denen die Künstlerin herumturnt – auf Arme und Gesicht hat sie sich Buchstaben gemalt. Das Video in der GAK zeigt die Performance „un un learning“, die Mariechen Danz voriges Jahr in Berlin aufgeführt hat. „How to Know“ steht programmatisch für ihre Kritik an Hierarchien von Erkenntnis- und Kommunikationsweisen der kapitalistischen Gesellschaft. Danz begreift die Mittel der Wissenschaft als herrschaftsförmig.

„Wahrheiten und Fakten werden in meinen Arbeiten subjektivem Wissen und Mythologie gleichgestellt, dadurch verschwinden herrschende Hierarchien“, so Danz im Interview mit der taz: „Auch das Visuelle und die Sprache werden gleich behandelt.“

Dabei spielt die Sprache in ihrem Werk eine herausragende Rolle. Das Verschwinden bildbasierter Kulturen, wie der der Mayas, sieht Danz einer kolonialen Wissenschaftspraxis geschuldet. In der Ausstellung begegnet man deshalb zahlreichen leeren Sprechblasen, als Sieg des Bildes über die Schrift sozusagen. Eine Vereinheitlichung von Bild und Schrift findet sich auf einem riesigen Holzkubus: Menschliche Organe wie Herz, Lunge, Darm und Hirn sind eingeklammert oder mit Fragezeichen versehen, so entstehen Bild-Wort-Sätze.

Für die GAK ungewohnt klassisch stehen auf schwarzen Sockeln zwei Figuren aus durchsichtigem Polyurethan: ein durchsichtiges Buch, angefüllt mit kleinen Alu-Buchstaben, mit denen man nichts anfangen kann, daneben ein mit Buchstaben zugestopfter Darm. „Darin drückt sich ihre Kritik der Sprache als einzigem Mittel für Ausdruck, Kommunikation und Wissensvermittlung aus“, so GAK-Direktorin Janneke de Vries. In den Kunststoffobjekten werde das Versagen von Sprache sichtbar, erklärt de Vries weiter: „Sprache kann so einen Darm auch schon mal verstopfen.“ Danz ergänzt: „Der Körper ist in meinen Arbeiten wichtig, weil er das erste ist, was wir haben und ganz ursprünglich den Menschen dazu diente, sich auszudrücken.“

In der Ausstellung hängen einige Zeichnungen, die an Lehrtafeln für den Anatomie-Schulunterricht erinnern. Es handelt sich dabei um Darstellungen menschlicher Körper, die durchaus realistische und analytische Momente haben und in diesem Sinne an Körperstudien erinnern. Ihre Absage an den objektivierenden wissenschaftlichen Blick erteilt Danz, indem sie mehrere sehr unterschiedliche Ansichten menschlicher Körper vereinigt. Wie soll man da noch sagen können, welche davon die richtige ist? „How to know“…

Die Bremer Schau zeigt Danz in ihrer ganzen künstlerischen Bandbreite: Neben Zeichnungen, Installationen und Skulpturen kann man am 19. April ein Konzert ihrer Elektropop-Band UNMAP, in der sie mit Alex Stolze von Bodi Bill spielt, auf der Treue besuchen.

Auch Performances gehören zu ihrer Arbeit, im Gegensatz zu den Zeichnungen und Objekten stehen sie jedoch nicht für sich alleine, sondern bilden jeweils den Abschluss einer Ausstellung. Und so wird Mariechen Danz auch ihre Bremer Ausstellung am 24. Mai mit einer Performance abschließen. Zunächst aber singt sie am Freitagabend zur Eröffnung ein Lied.

■ Samstag, 10. März, bis 3. Juni, GAK – Gesellschaft für Aktuelle Kunst