ZWISCHEN DEN RILLEN : Heulende Männer am Feuer
WhoMadeWho „Brighter“ (Kompakt/Rough Trade)
Es ist eine halbe Ewigkeit her, da coverte das dänische Trio WhoMadeWho den „Flat Beat“ des Franzosen Mr. Oizo. Ihre Version dieses geschäftig-gelben Stofftiers war ein floorfiller, direkt aus der Hüfte, frotzelnd und analog, dabei völlig unbeschwert. Programmatisch war diese Attitüde für ihr konzeptuelles Gewand, schon damals. LCD-Soundsystem, Daft Punk oder Hot Chip – das zwischen den Härtegraden Elektro und Punk groovende Diskozitat löste eine Welle der Euphorie aus.
WhoMadeWho waren jung und brauchten das Geld. Und sie profitierten vom Sog der Strömung. Während manche ihrer Kollegen mittlerweile Werbejingles für Turnschuhe aufnehmen oder in den ewigen Jagdgründen der Hypewälder vom rechten Weg abgekommen sind, spielten WhoMadeWho fleißig weiter: 2010 hatten die drei Musiker Material für zwei Alben angesammelt. Was ihr altes Label Gomma überforderte, kulminierte schließlich in dem Wechsel der Band zu Kompakt nach Köln. Dort veröffentlichen sie binnen nicht mal zwölf Monaten die beiden Alben, zuerst „Knee Deep“ und nun also „Brighter“.
„Diese Welle um Diskopunk hat uns sehr geholfen. Trotzdem sind wir in unserer Arbeit nicht mehr so leicht zu befriedigen wie früher,“ gesteht Jeppe Kjellberg, einigermaßen erschöpft von der gerade anlaufenden Promo-Tour um „Brighter“. In einem Berliner Hinterhaus sitzt er mit Thomas Hoffding, dem anderen Sänger der Band und gibt Interviews. Der Kaffee ist alle.
Der Flieger von Berlin nach Kopenhagen hebt schon wieder ab, als die geneigte WhoMadeWho-Hörerin noch von neuen Sneakern träumt. Der fehlende Dritte im Bunde, Tomas Barfod alias Tomboy, anderweitig erfolgreich als Produzent/DJ, überwintert derweil in Los Angeles.
Die Weiterentwicklung von WhoMadeWho, weg von Diskopunk und hin zu Kompakt und seinem Pop-Ambient-Sound, lässt sich auch als Schritt zur Seriosität interpretieren: Optisch und inhaltlich verbandelt, widmen sich „Knee Deep“ und „Brighter“ spezifischer Melancholie, wie sie auch in skandinavischer Folkmusik aufblitzt, ohne dabei tanzbare Einflüsse zu ignorieren. WhoMadeWho legen nun also mehr Wert auf Arrangements, möchten lieber „richtige Songs“ schreiben, als nur fixe Ideen spinnen. „Uns schwebt vor, dass die neuen Songs auch auf der akustischen Gitarre am Lagerfeuer gespielt werden können“, behauptet Jeppe Kjellberg und wirkt dabei ernst und etwas naiv. Dann muss er doch lachen.
Hätte ihr neues Label Kompakt den Minimaltechno-Sound nicht um einige Popnuancen erweitert – fraglich, ob Kjellbergs Vorstellung von Klampfe mit Stockbrot tatsächlich mit der Labellinie vereinbar gewesen wäre.
Aber so funktioniert beides: Rumalbern auf der Tanzfläche und Sinnieren beim Knacken von Tannenzweigen. „Inside World“, die erste Single von „Brighter“ ist auch gleich das eingängigste Stück, diskotauglich, radiokompatibel. Dicht gefolgt von „The Sun“, angereichert mit nostalgischen Elementen – wenn man Bandgeschichte, und sei sie auch erst fünf bis zehn Jahre alt, schon mit derlei Attributen besetzen darf.
Andere neue Songs, wie „Fireman“ oder „Head on my pillow“, verweisen eher in die kontemplative Richtung. Eine, wie sie nicht schöner in den Bandvideos bebildert werden könnte. Im Video zu „Every Minute Alone“ sind etwa heulende Männer zu sehen, nahe des Zusammenbruchs wegen Schwierigkeiten beim Aufbau eines Ikea-Regals. Plakate mit der Aufschrift „Danes are the happiest people in the world“ verweisen auf die hohe Suizidrate in dem wohlhabenden Land. Darauf angesprochen, erwidern die beiden Musiker lapidar, dass sie sich auch ein wenig amüsieren wollten, „über die verwöhnte westliche Welt“.
Da ist sie also – diese unwillkürlich anmutende Mischung aus Sachlichkeit und Schabernack, groovy und irgendwie schräg. Popcharme. Ob man etwas anderes erwartet hätte? Natürlich nicht. CAROLIN WEIDNER
■ WhoMadeWho live, 14. 3. Lido, Berlin, 15. 3. E-Werk, Erlangen; 16. 3. Speakeasy, Stuttgart; 18. 3. Uebel&Gefährlich, Hamburg, 19. 3. Conne Island, Leipzig