: Leibesübungen neu gemacht
An diesem Wochenende beginnt die neue Bundesligasaison der Fußballmänner. Und die taz? Ändert ihre Perspektive auf das Sportliche, es wird neu justiert. Ein Gelöbnis

Von Andreas Rüttenauer
Drei Kolleginnen habe sich zusammengetan und wollen Anfang September beim Kreuzberger Viertelmarathon vor allem ins Ziel kommen. Eine kleine Umfrage unter den Teilnehmenden des Hausunterrichts in der taz, zu dem immer donnerstags die Volontärinnen, Praktikantinnen und alle weiteren Interessierten zusammenkommen, ergibt, dass bei den angehenden Journalistinnen insbesondere Klettern hoch im Kurs steht. Beim Blick in den Fahrradkeller des taz-Hauses ist offensichtlich, wie populär die gebogenen Rennlenker geworden sind.
Aber wissen die Läuferinnen, wer in Paris so spektakulär Olympiasiegerin im Marathon geworden ist? Haben sie schon etwas von dieser Sifan Hassan gehört? Die Kletter-Volos und -Praktis, kennen sie die slowenische Rekordkletterin Janja Garnbret? Und die Gravel- oder Rennradpilotinnen, kennen sie mehr Profis als Tadej Pogačar, Jonas Vingegaard und Florian Lipowitz, die drei Bestplatzierten der diesjährigen Tour de France?
Derartige Fragen treiben die Mitarbeitenden des Leibesübungen-Ressorts derzeit um. Der Sport spielt im Alltag vieler Menschen eine große Rolle und er funktioniert oft völlig losgelöst von den Ereignissen im Spitzensport. Klar, über Fußball redet die ganze Nation, wenn die großen Spiele anstehen. Aber über Schwimmen? Über Beachvolleyball? Über Tischtennis? Das wird einfach gespielt. So wie sich Hunderttausende von Fitnessinfluencern etwas vorturnen lassen.
Geschichten aus dem Alltagssport finden bisher noch viel zu selten einen Platz in der Sportberichterstattung der taz. Das soll sich ändern. Dies ist ein Ergebnis einer Klausurtagung, die die Sportredaktion kürzlich abgeladen hat. Skifahren auf künstlich beschneiten Pisten, Tauchen um gefährdete Korallenriffs, miese Geschäftspraktiken in der Fitnessindustrie. Es gibt viele Geschichten für kritischen Journalismus im Alltagssport. Und genau dafür soll Platz geschaffen werden. Genauso wie für die großen gesellschaftlichen Debatten, die im Sport ihren Widerhall finden.
Das betrifft die große Sportpolitik in Zeiten großer Kriege ebenso wie den Kampf von Minderheiten um Anerkennung über den Sport. Der ist zu einer gewaltigen Debattenmaschine geworden. Was haben wir nicht alles über Mesut Özil – sein Genie, die Liebe zu ihm, den Hass auf ihn und den Weg eines Graue-Wölfe-Tattoos auf seine Brust – geschrieben?
Gesellschaftliche Debatten werden auch entlang des Motorsports geführt. Der taz-Sport hatte mal eine schöne, öko-korrekte Lösung: Wir machen die beste Motorsportberichterstattung – nämlich keine. Demnach ist in der taz auch nie darüber berichtet worden, wie sich Diktatoren aus aller Welt Formel-1-Rennen ins Land geholt haben und auch nicht, wie viel CO2 dabei freigesetzt worden ist. Gut möglich also, dass bald schon Rennautos über die Sporttexte rasen.
Und der klassische Leistungssport? Der wird schon nicht zu kurz kommen. Nur wer wirklich weiß, welch sportliche Bedeutung ein Mesut Özil hatte, kann Debatten über seine Rolle in der Gesellschaft führen. Und wenn die Lesenden jemanden brauchen, der ihnen erklärt, warum der und nicht ein anderer gewonnen hat, dann sind sie weiterhin gut aufgehoben bei den Leibesübungen.
Aufschlag bei: taz.de/sport
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