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Archiv-Artikel

Schöne Schaubilder

Die CDU liebt das Jahr 1999 mit seiner niedrigen Erwerbslosenzahl. Kritiker kontern: So rechnet man die Bremer Arbeitsplatz-Bilanz schön

bremen taz ■ Im Sanierungszeitraum ist die Arbeitslosenquote Bremens im Vergleich zum Westdeutschen Durchschnitt nicht geringer geworden, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist um 25.000 gesunken – das sind für Bremen 8,6 Prozent, der westdeutsche Durchschnitt lag bei nur 2,9 Prozent. Das waren die bitteren Pillen einer Antwort des Senats auf gezielten Fragen der Grünen.

Und weil nicht sein kann, was nicht sein darf, hat Wirtschaftssenator Peter Gloystein (CDU) gekontert, man müsse den Zeitraum aufteilen: Für die schlechte Zeit 1994 bis 1998 trage die 1995 beendete „Ampel-Koalition“ aus SPD, FDP und Grünen die Verantwortung, erst in der guten Zeit ab 1999 kamen die Segnungen der CDU-Verantwortung für das Wirtschaftsressort zum Tragen. Die „36.000 verlorenen Arbeitsplätze in den Jahren 1992 bis 1998“ gehörten nicht der CDU, seit 1999 habe Bremen „gegen den Bundestrend 10.000 Arbeitsplätze hinzugewonnen.“

Nun gibt es in Bremen einen Mann, dem es Spaß macht, Zahlen nachzurechnen: Paul Schröder vom „Institut für Arbeitsmarktforschung“ weist darauf hin, dass der CDU-Mann hier Äpfel mit Birnen verglichen habe. Abgenommen um 36.000 haben nicht die „Arbeitsplätze“, also die Erwerbstätigen, sondern die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse. Die aber stiegen seit 1999 nur kurz bis 2001 um ca. 6.000 und sanken dann bis 2004 um 13.000.

Rechnet man die Beamten, die Selbständigen und vor allem die Mini-Jobs hinzu, dann hat man die statistische Größe „Erwerbstätige“: Deren Zahl ist bis 1998 nur um 28.000 gesunken, in den Jahren 1999 bis 2001 um die von der CDU gefeierten 10.000 angestiegen und stagniert seit 2002.

Die Wahl des Zeitraumes 1999 bis 2004 hat also keinerlei sachlichen statistischen Hintergrund, sie ist rein politisch oder polemisch gewählt. Und so verwundert es nicht, dass der im Zeitraum der Vorbereitung des Sonder-Investitionsprogramms (ISP) verantwortliche Wirtschaftsstaatsrat Frank Haller, der seit einigen Jahren als wissenschaftlicher Experte die bremische Politik „frank und frei“ kommentiert, eben diesen Zeitraum 1999 bis 2004 wählt. „Plus 10.000 Arbeitsplätze“ ist seine harte Schlagzeile im Weser Report und soll begründen, dass seine politische Weichenstellung vor zehn Jahren erfolgreich war: „Nun heißt es für die Bremer Patrioten, die bewährte Strategie zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen durchzuhalten?“ Oder anders gesagt: Meine Sanierungsstrategie war goldrichtig.

Das Jahr 1999 erfreut sich für Vergleiche besonderer Vorliebe, weil es den relativen Tiefpunkt der Entwicklung der Erwerbstätigkeit Bremens markiert. Kein anderes Jahr eignet sich so sehr für schön steigende Schaubilder.

Klaus Wolschner