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USA bleiben draußen

Misstrauisch verfolgt Washington den ersten Gipfel zwischen Lateinamerika und arabischen Staaten

PORTO ALEGRE taz ■ Das erste südamerikanisch-arabische Gipfeltreffen ist gestern in Brasília zu Ende gegangen. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva trieb seine Süd-Süd-Außenpolitik weiter voran, mit der er der Dominanz der Industriestaaten entgegenwirken möchte: Eine „neue Wirtschafts- und Handelsgeografie“ forderte er erneut, und die „Demokratisierung der internationalen Organisationen, damit die Stimme der Entwicklungsländer gehört wird“ – Brasilien will einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat.

In Washington wird die arabisch-südamerikanische Annäherung mit offenem Misstrauen verfolgt. Vor Wochen hatte Brasiliens Außenminister die Bitte der USA, einen Beobachter entsenden zu dürfen, kühl abgelehnt: Alle Interessierten könnten das Treffen am Bildschirm verfolgen, sagte Celso Amorim damals. Syriens Premier Mohammad Naji Otri lobte Brasiliens „Entschlossenheit und Mut“, dem Druck zu widerstehen. Dass nur sieben der 22 arabischen Delegationen von einem Staatsoberhaupt angeführt wurden, dürfte damit zusammenhängen.

Palästinenserchef Mahmud Abbas tat die Warnung Israels ab, bei einem künftigen Wahlsieg der Islamistenpartei Hamas werde der Rückzug vom Gaza-Streifen ausgesetzt: „Das Volk wählt, und wir akzeptieren das.“ Den meisten Beifall bekam Venezuelas Präsident Hugo Chávez, der eine „neue Geopolitik“ in der Tradition der Blockfreien forderte: Seit dem Niedergang der Sowjetunion versuche „der nordamerikanische Imperialismus“, der Welt „mit Maschinengewehren, Kanonen, Drohungen und Invasionen“ sein Modell aufzuzwingen, meinte Chávez: „Das ist nicht unser Modell.“ Als er die Besatzung des Iraks durch die USA geißelte, sah sich der irakische Präsident Dschalal Talabani fast zu einer Entschuldigung genötigt: „Wir wollen diese Truppen nicht auf unserem Territorium, aber wir respektieren die Resolution des US-Sicherheitsrates“, so Talabani wörtlich.

Ein neues Rahmenabkommen zwischen dem Mercosur (Brasilien, Argentinien, Paraguay, Uruguay) und dem Golf-Kooperationsrat (Saudi-Arabien, Katar, Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait, Oman, Bahrein) ging bei so viel Politik fast unter. Innerhalb von drei Jahren erhoffen sich Brasiliens Unternehmer eine Verdoppelung des Außenhandels mit der arabischen Welt.

Die gestrige Abschlusserklärung wertete die Folha de São Paulo als „Manifest gegen den nordamerikanischen Unilateralismus, die Besatzung palästinensischer Territorien durch Israel und die Wirtschaftspolitik der reichen Länder“. Minister Amorim beschwichtigte: „Die USA wissen, wie die diplomatischen Beziehungen funktionieren: Jedes Land betont das, was es interessiert.“ GERHARD DILGER

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