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Archiv-Artikel

Halbjahreszeugnis: 1-Euro-Jobs mangelhaft

Caritas fordert mehr Qualität bei der Ausbildung der Billigjobber. Arbeitsagenturen vermitteln zögerlich

BERLIN taz ■ Die Arbeitsagenturen können die Nachfrage nach 1-Euro-Jobbern bislang nicht befriedigen. „Die Vermittlung an die Träger läuft sehr schleppend“, sagte der Frankfurter Caritas-Direktor Hartmut Fritz gestern bei einem Treffen deutscher Caritasvertreter. Eine Sprecherin der evangelischen Diakonie sprach von „Zurückhaltung“ bei der Einrichtung der so genannten Arbeitsgelegenheiten. Nach Angaben der Bundesarbeitsagentur sind 85.000 ehemalige Arbeitslose in 1-Euro-Jobs beschäftigt.

Durch die zögerliche Vermittlung der Agenturen erfüllt sich eine der größten Ängste der Hartz-IV-Gegner bislang nicht: der Arbeitszwang. „Das wird erst in der zweiten Jahreshälfte akut“, prognostiziert Ingo Kolf, Arbeitsmarktexperte beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).

Eine andere Befürchtung bestätigt sich dagegen offenbar. Laut einer von der Caritas vorgestellten Zwischenbilanz der Hartz-IV-Reformen dienen die 1-Euro-Jobs nicht zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt. „Wir befinden uns in einem Kreislauf“, sagte Johannes Böcker, Caritas-Direktor in Düsseldorf. Grund dafür sei unter anderem die Begrenzung der so genannten Arbeitsgelegenheiten auf nur neun Monate. In dieser Zeit könne zu wenig für die Förderung und Qualifizierung von Arbeitslosen getan werden. Zudem seien die Arbeitsagenturen aufgrund der hohen Verwaltungsbelastung nicht in der Lage, genügend Fallmanager für die Betreuung von Arbeitslosen bereitzustellen. Auch fehle es an Geld für begleitende Qualifizierungsangebote, so der Frankfurter Caritas-Chef Fritz: „Wir müssen Qualität fördern, statt Massen zu vermitteln.“

Bis zu 260 Euro monatlich geben die Arbeitsagenturen den Wohlfahrtsverbänden, die 1-Euro-Jobber einstellen, für Weiterbildung. Eine Erhöhung dieser Summe ist nicht zu erwarten. Denn allein in diesem Jahr drohen die Kosten für die Hartz-IV-Reformen den Bund und die Kommunen um 10 Milliarden Euro mehr zu belasten als geplant. Eine Sprecherin der Arbeitsagentur nannte das Qualifizierungsbudget daher auch „durchaus angemessen“.

Zudem befürchten Vertreter der Behörde, dass eine höhere Zahlung dubiose Träger für 1-Euro-Jobs anlocken könnte, die Langzeitarbeitslose lediglich als billige Arbeitskräfte einstellen. „Wir müssen aufpassen, nicht zum Selbstbedienungsladen zu werden“, heißt es. Auch die Gewerkschaften sehen die Gefahr, dass viele 1-Euro-Jobs nicht auf zusätzliche und gemeinnützige Tätigkeiten beschränkt bleiben – wie es das Gesetz vorsieht: „Auf dem Markt tummeln sich viele schwarze Schafe“, sagte DGB-Experte Kolf.

Die Caritas beteuert, dass die bei ihr eingesetzten 1-Euro-Jobber keine regulären Arbeitsplätze verdrängen. „Es werden nur Aufgaben gemacht, die sonst nicht erledigt würden“, sagte der Düsseldorfer Direktor Böcker. Zudem werde der Einsatz der Billigjobber mit der eigenen Arbeitnehmervertretung eng abgestimmt. „Es geht darum, den Menschen das Gefühl von gesellschaftlicher Teilhabe zu vermitteln, nicht um billige Arbeitskraft.“ KLAUS JANSEN