„Irre Vorstellungen“

Diskussion um das Mahnmal am Stephansplatz

■ 57, Recherche- und Dokumentations-Journalist, Vizevorsitzender der Linksfraktion, Vorsitzender des Kulturausschusses.Foto: dpa

taz: Herr Hackbusch, der „Kriegsklotz“ für gefallene Soldaten des 1. Weltkrieges soll nach Meinung mancher zu einem Denkmal für Wehrmachts-Deserteure werden. Wie ist der aktuelle Stand dieser Debatte?

Nobert Hackbusch: Es gibt am 19. April eine Anhörung vor dem Kulturausschuss der Bürgerschaft, bei der Anhänger und Gegner des Denkmals ihre Vorstellungen vortragen. Bei der Podiumsdiskussion heute werden Vertreter aller Fraktionen der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte noch mal grundsätzliche Fragen debattieren – zum Beispiel, ob das Denkmal am Stephansplatz stehen soll.

Warum sind Sie für diesen Ort, und nicht etwa für die Untersuchungshaftanstalt Holstenglacis, wo die NS-Justiz Deserteure erschießen ließ?

Das gegenwärtige Denkmal ist ein buchstäblich herausragender Klotz, das direkt an einem Platz steht, wo so viele Leute wie fast nirgendwo sonst im Hamburg herumlaufen. Deshalb muss es an dieser Stelle auch eine herausragende Auseinandersetzung damit geben.

Sie wollen das 76er-Ehrenmal also nicht abreißen lassen, so wie es nach dem Zweiten Weltkrieg die Briten geplant hatten?

Nein, ich habe zwar früher auch gesagt, es muss gesprengt werden. Die bessere Variante finde ich aber, genau neben diesem „Kriegsklotz“ – sozusagen dagegen – das Deserteurs-Denkmal aufzustellen. Durch das Brechen von Neuem und Altem kommen die Gedanken besonders gut voran. Und der Kontrast erhellt, was damals, in den 1930er-Jahren, für irre Vorstellungen existierten.  INTERVIEW: EFK

Podiumsdiskussion mit Bezirksabgeordneten aus Mitte, dem Historiker Oliver von Wrochem (KZ-Gedenkstätte Neuengamme) und Norbert Hackbusch: 19.30 Uhr, Kölibri, Hein-Köllisch-Platz 11