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Archiv-Artikel

Wo gehobelt wird ...

Fensterbauunternehmen schließt lieber, als einen Betriebsrat zuzulassen

Von einem „Arschtritt“ sprechen manche, andere von einem „mittelschweren Schock“. Zusammen mit Vertretern des Bezirks Küste der IG Metall (IGM) berichteten gestern Beschäftigte des Hamburger Fensterbauers O. + E. Schult von einem eskalierenden innerbetrieblichen Konflikt: Als die Gründung eines Betriebsrates in die Wege geleitet wurde, erhielten alle Mitarbeiter die Kündigung – und die Mitteilung, der Betrieb werde „abgewickelt“.

Den Hintergrund bildet eine Auseinandersetzung, die laut IGM im gesamten Tarifbezirk schwelt. Demnach hat die Arbeitgeberseite zum 1. April dieses Jahres einen neuen Tarifvertrag abgeschlossen – allerdings nicht mit der IGM, sondern mit der christlichen „Gewerkschaft für Kunststoffgewerbe und Holzverarbeitung“ (GKH). Der IGM zufolge handelt es sich um ein rechtsunwirksames „Tarifdiktat“, das erhebliche Verschlechterungen für die Arbeitnehmer bedeutet.

Die Hamburger Fensterbauer indes hätten ihren 15 Beschäftigten, von denen die meisten seit vielen Jahren im Betrieb sind, noch ärgere Einschnitte abverlangt, berichteten diese: Neben längeren Arbeitszeiten hätten sie einwilligen sollen, dass krankheitsbedingte Fehltage teils mit Urlaubsansprüchen verrechnet werden; in wenigstens einem Fall habe der Arbeitgeber sich ein einseitiges Kündigungsrecht bei chronischer Erkrankung des Arbeitnehmers sichern wollen.

Als Reaktion auf die angekündigte Wahl eines Betriebsrates – für die Firma O. + E. Schult sowie für das auf demselben Firmengelände von denselben Chefs geführte Unternehmen BMS – habe die Firmenleitung gegen alle bei Schult Beschäftigten Kündigungen ausgesprochen und das Aus der Firma angekündigt. Bestehen bleiben soll die Nachbarfirma BMS.

Diese wurde laut IGM einzig ausgegründet, um die Mitarbeiterzahl unter 21 zu halten – und damit die Zahl der vorgesehenen Betriebsräte. Alexander Diehl