Der Zuverlässige

Schon mancher Besucher eines Trainings von Werder Bremen hat sich gefragt, wer denn der neue schlaksige Verteidiger sei, der niemanden an sich vorbeilässt und gekonnt das Spiel eröffnet. Bis ihm dann jemand verrät: „Das ist doch der Mielitz.“ Werders Nummer Zwei im Tor spielt bei Trainingsspielchen gern mal im Feld mit. Das schult seine fußballerischen Fähigkeiten. Die musste er zwar noch nicht allzu oft in der Bundesliga einsetzen, aber wenn sie gefordert sind, wie am Samstag in Dortmund, dann ist Verlass auf sie.

An Sebastian Mielitz, der Tim Wiese nach dessen Gesichtsbruch zum sechsten Mal in dieser Saison vertrat, lag es nicht, dass die Bremer beim Tabellenführer verdient mit 0:1 verloren. Beim frühen Gegentor durch Shinji Kagawa war er machtlos, und dass Werder trotz kämpferisch starker Leistung kaum zu Torchancen kam, lag am Fehlen des anderen Werder-Großverdieners Claudio Pizarro. Mielitz löste seine Aufgaben sicher.

Für Stammtorhüter gibt es eher angenehme oder eher unangenehme Ersatzleute. Die unangenehmen scharren ständig mit den Füßen, die angenehmen stellen sich anstandslos hinten an. Beim Verhältnis von Tim Wiese zu Sebastian Mielitz ist die Sache komplizierter. Der Nachwuchsmann, der 2005 von Energie Cottbus in die B-Jugend von Werder wechselte, ist kein Lautsprecher wie Werders Nummer Eins. Sätze wie „Jeder hat gesehen, was ich kann – den Rest müssen die Verantwortlichen entscheiden“, sind schon das Äußerste an Aufbegehren, das man ihm entlocken kann. Dennoch kratzt „Miele“ in aller Stille am Thron des „Aggressive Leaders“ Wiese. Indem er immer voll da ist, wenn er gebraucht wird, nimmt er Werders Verantwortlichen den Druck, den Vertrag mit Wiese um jeden Preis zu verlängern. Der läuft Ende dieses Jahres aus, und Wiese hat schon mehrfach versucht, diesen Druck zu erhöhen, und das in der Gerüchteküche kolportierte Interesse von Schalke, Wolfsburg und Tottenham schien ihm dabei in die Karten zu spielen. Doch im Winter schien Klaus Allofs nicht einmal abgeneigt, noch eine Ablösesumme für ihn zu erzielen.

Der Vertrag von Mielitz wurde dagegen schon frühzeitig bis 2013 verlängert. Umso mehr verwundert es, dass jetzt als Wiese-Nachfolger die bei den potenziellen Absteigern 1. FC Kaiserslautern und SC Freiburg spielenden Keeper Kevin Trapp und Oliver Baumann gehandelt werden. Sicher, beide gehören zur jungen Torhütergarde, die gerade die Liga aufmischt. Aber hinter ihnen muss sich Mielitz nicht verstecken. Er hat die Chance verdient, über eine ganze Saison seine Klasse zu beweisen. Wenn Werder nicht aufpasst, tut er das bei Schalke oder Tottenham. RLO