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Von Russland lernen

Trumps Ausschluss der Presseagentur AP von offiziellen Veranstaltungen hat ein Vorbild: das Putin-Regime in Moskau

In den Briefings der Presse­sprecherin Karoline Leavitt darf AP sein – noch Foto: Evelyn Hockstein/reuters

Von Hansjürgen Mai

Das erste Opfer der geplanten Neuausrichtung in der Medienpolitik Donald Trumps ist die Associated Press (AP). Nachdem sich die AP geweigert hatte, den Golf von Mexiko trumpgemäß als Golf von Amerika zu bezeichnen, wurden Journalisten des Nachrichtendienstes von offiziellen Veranstaltungen im Weißen Haus ausgeschlossen. „Unseren Zugang zum Oval Office aufgrund eines redaktionellen Inhalts einzuschränken, behindert nicht nur den Zugang der Öffentlichkeit zu unabhängigen Nachrichten, es verstößt auch eindeutig gegen den ersten Verfassungszusatz“, sagte AP-Vize­präsidentin und leitende Redakteurin Julie Pace in einer Erklärung.

Die Associated Press reichte daraufhin Klage ein, um ihren Platz im Weißen Haus zurückzufordern. Ende Februar entschied ein Richter, dass die Regierung vorerst weiter AP-Journalisten von Presse-Veranstaltungen ausschließen könne. Eine weitere Verhandlung endete ohne eine richterliche Entscheidung.

Ein uneingeschränkter Zugang zur Regierung und zum jeweiligen Staatschef sowie die Teilnahme an offiziellen Veranstaltungen, Pressekonferenzen und Regierungsreisen ist Grundbestandteil einer freien Presse. Welche Medien dieses Privileg erhalten, wird in den USA seit Jahrzehnten im engen Zusammenspiel zwischen dem Presseteam im Weißen Haus und der Korrespondentenvereinigung WHCA (White House Correspondents’ Association) entschieden. Das Weiße Haus plant unter Berücksichtigung diverser Richtlinien wie Sicherheit oder Logistik, wie viele Journalisten bei Pressekonferenzen und anderen Veranstaltungen anwesend sein sollen und die WHCA vergibt dieses Kontingent dann an die verschiedenen Medienvertreter, immer unter der Devise, ein möglichst großes Publikum mit den Veröffentlichungen zu erreichen. Ein weiterer limitierender Umstand im Weißen Haus ist schlicht und einfach auch die Größe des Presse­raums, denn dort gibt es gerade einmal 49 Sitzplätze.

Zu den wichtigsten Aufgaben der WHCA gehört deshalb die Zusammenstellung des rotierenden Pressepools, der rund um die Uhr über die US-Regierung berichtet. Seit Jahrzehnten gehören die großen amerikanischen TV- und Radiosender sowie Print- und Onlinemedien zum Pool. Kleinere Medien werden ebenfalls in die Rotation aufgenommen, damit auch lokale Reporter die Möglichkeit haben, hautnah aus Washington zu berichten.

Doch laut Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, wird in Zukunft die Regierung selbst darüber bestimmen, wer im Pressepool vertreten ist. „Jahrzehntelang hat eine Gruppe von Journalisten aus Washington, die White House Correspondents’Association, diktiert, welche Journalisten dem Präsidenten der Vereinigten Staaten in diesen intimsten Räumen Fragen stellen dürfen. Damit ist jetzt Schluss“, verkündete Leavitt während des Pressebriefings.

„In einem freien Land dürfen Politiker nicht in der Lage sein, ihre eigene Presse zu wählen. Seit Generationen haben die in den Vorstand der White House Correspondents’ Association gewählten aktiven Journalisten die Mitgliederzahl der WHCA und ihre Rotationen kontinuierlich erweitert, um die Aufnahme neuer und aufstrebender Medien zu erleichtern“, sagte WHCA-Präsident Eugene Daniels. Daniels, der für Politico berichtet, sagte auch, dass es von Seiten des Weißen Hauses keine Vorwarnung gegeben habe, bevor die geplante Veränderung bekanntgegeben wurde. Die knapp 800 Mitglieder der WHCA repräsentieren fast 300 verschiedene Medien.

New York Times Journalist Peter Baker, der in seiner Karriere auch aus Moskau berichtet hatte, sagte: „Als Korrespondent in Moskau in den frühen Tagen von Putins Herrschaft erinnert mich das daran, wie der Kreml seinen eigenen Pressepool übernahm und dafür sorgte, dass nur folgsame Journalisten Zugang erhielten“, schrieb Baker in einem X Post. Das neue System könnte vor allem Medien aus dem rechten Lager begünstigen. Für die anderen großen US-Medien wäre es ein großer Verlust, wenn sie ihren Zugang zum Machtzentrum verlieren würden. Auch deshalb dürften sich Zeitungen, wie Jeff Bezos Washington Post oder die Los Angeles Times im vergangenen Wahlkampf dazu entschlossen haben, keine öffentliche Unterstützungserklärung im Wahlkampf auszusprechen.

Trump, der die traditionellen Medien in den USA in der Vergangenheit als „Feinde des Volkes“ bezeichnet hatte, kommentierte die geplanten Veränderungen in Bezug auf den Presse-Pool nur mit den Worten: „Wir werden jetzt das Sagen haben.“

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