Altersdiskriminierung: Zu alt oder zu jung – vor allem für die Wirtschaft
Eine Umfrage zeigt: Jeder Zweite erlebt Benachteiligung aufgrund des Alters. Am häufigsten im Arbeitsleben und auf dem Immobilienmarkt.

Altersdiskriminierung sei ein generationsübergreifendes Phänomen, heißt es in der Studie. Jüngere geben im Vergleich zu älteren Personen aber häufiger an, schon einmal aufgrund ihres Alters diskriminiert worden zu sein. Diese Unterschiede werden damit erklärt, dass Jüngere eine stärkere Sensibilität gegenüber Ungleichbehandlungen hätten. Junge Betroffene haben das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden, etwa in der Schule, beim Wählen oder wenn sie allein aufgrund des Alters nicht befördert werden.
Aber auch knapp 40 Prozent der über 45-Jährigen gaben an, aufgrund ihres Alters diskriminiert worden zu sein. Mit 39 Prozent wird die Arbeit als Lebensbereich angegeben, in dem man am häufigsten Altersdiskriminierung ausgesetzt ist. Ältere Personen würden oft als unflexibel beschrieben werden, ab 50 Jahren hätten es viele bei einem Jobverlust schwer, einen neuen zu finden. Jobabsagen mit der Begründung „Sie passen leider nicht in unser junges Team“ seien keine Seltenheit. Ataman forderte ein gesellschaftliches Umdenken: „Noch immer glauben Menschen, ältere Kollegen am Arbeitsplatz seien eine Belastung. Das ist Unsinn und schadet der Wirtschaft.“
Altersdiskriminierung in vielen Bereichen des Alltags
Auch im Gesundheitsbereich hätten ältere Personen mit Benachteiligungen zu kämpfen: Zum Beispiel würden Behandlungen nicht durchgeführt, Therapien nicht angeboten oder auch psychische Erkrankungen wie Depressionen als „im Alter normal“ bezeichnet. Weitere Bereiche, in denen es immer wieder Probleme mit dem Alter gebe, seien der Wohnungsmarkt, Ämter und Behörden oder bei Banken, wenn zum Beispiel Kredite aufgrund des Alters nicht vergeben werden würden.
Auch bei der Digitalisierung würden viele ältere Menschen nicht mitkommen und sich gesellschaftlich ausgeschlossen fühlen. Die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisation (Bagso), Regina Görner, sagte: „Dass man sich Hilfe suchen muss in Feldern, die man früher ohne fremde Unterstützung problemlos bewältigt hat, empfinden viele Ältere als massive Rücksichtslosigkeit und als Entwertung ihrer Lebensleistung.“ Es müsse weiterhin analoge Lösungen für Probleme des Alltags geben.
Wer von Altersdiskriminierung betroffen ist, wehrt sich nur selten dagegen. „Zwar ist Altersdiskriminierung gesetzlich verboten, aber das weiß kaum jemand. Die meisten Menschen machen die Diskriminierungserfahrungen mit sich allein aus, statt sich Beratung zu holen und sich zu wehren“, sagte Ataman. Insgesamt gebe es zu wenige staatliche Stellen, an die sich Betroffene wenden können.
Ferda Ataman forderte einen Nationalen Aktionsplan gegen Diskriminierung und ein Verbot von Altersdiskriminierung im Grundgesetz. Sie appellierte an die künftige Regierung, das Thema ernst zu nehmen. Ataman wolle in ihrer Amtszeit bis 2027 einen Schwerpunkt auf das Thema legen, hieß es weiter. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die betroffene Menschen berät, hat nach eigenen Angaben seit 2006 mehr als 8.600 Beratungsfälle zu Altersdiskriminierung aufgenommen.
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