: Garantierte Unabhängigkeit
Die Lösung: Profit- und konzernfreier Journalismus in Genossenschaften stärkt Medienfreiheit und Demokratie
Genossenschaften können Medien retten. Hätte sich die taz nicht in eine Kooperative umgewandelt, würde sie höchstwahrscheinlich nicht mehr existieren. 1978/79 gegründet, wurde sie im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens immer wieder von heftigen finanziellen Existenznöten durchgeschüttelt.
Ein Teil der Redaktion wollte deshalb eine GmbH gründen, die Großinvestoren anlocken sollte. Die Mehrheit der Belegschaft aber fürchtete diese Abhängigkeit vom großen Geld, das schnell wieder abgezogen werden könnte.
Ausgerechnet der spätere Bundeskanzler Olaf Scholz, seinerzeit im Genossenschaftswesen engagiert, gab dem damaligen taz-Geschäftsführer Kalle Ruch den entscheidenden Tipp: Warum gründet ihr nicht eine Genossenschaft?
Es war unter anderem der Anwalt und spätere grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele, der dies 1991/92 juristisch wahr machte. Der Kernsatz der damals von der Belegschaftsmehrheit verabschiedeten Satzung lautete: Die Genossenschaft solle dazu dienen, „die Unabhängigkeit von großen Verlagen oder Konzernen zu garantieren“. Seitdem ist die „Geno“ immer mehr gewachsen, derzeit hat sie mehr als 24.000 Mitglieder. Diese haben mit ihren Anteilen unter anderem das neue Redaktionssystem und das neue Verlagshaus mitfinanziert sowie die Konzernfreiheit der taz garantiert. Ein voller Erfolg also, diese Rechtsform.
Ein Riesenerfolg war auch die 2008 gegründete taz Panter Stiftung, die mit dem Geld unzähliger Spender und Stifterinnen gemeinnützige Projekte im In- und Ausland finanziert: unter anderem 4.000 Nachwuchsjournalist:innen, 48 internationale Workshops, zum Teil mit Journalist:innen aus verfeindeten Ländern wie Russland und der Ukraine, 18 Panter-Preis-Verleihungen und 17 Refugiumsprogramme für verfolgte Medienschaffende.
In Deutschland war die taz die erste Mediengenossenschaft. Sie zeigte, dass das Modell funktioniert, und regte dadurch weitere Gründungen an. Die früheren DDR-Zeitungen Junge Welt und nd verwandelten sich ebenfalls in Kooperativen, um ihre Existenz zu sichern. Auch der nur online erscheinende Krautreporter ist als solche organisiert, seinen Namen verdankt er dem damit verbundenen Crowdfunding. In der Schweiz sind es die linke Wochenzeitung WOZ und die nur online erscheinende Republik, die von Genossenschaften getragen werden.
Mediengenossenschaften sind Teil des Non-Profit-Journalismus, der Meinungsfreiheit und Demokratie stärkt. Beispiele hierfür sind Correctiv, FragDenStaat, Kontext, Netzpolitik oder Investigate Europe. Der Bereich könnte stark ausgeweitet werden, wenn der Staat anerkennen würde, dass Qualitätsjournalismus fürs Gemeinwohl arbeitet und Spenden dafür steuerrechtlich absetzbar sind.
Der frei abonnierbare SEED-Newsletter des Netzwerks Recherche beschäftigt sich mit gemeinnützigen Formen der Berichterstattung und ist Teil des Grow Greenhouse, des Zentrums für gemeinnützigen Journalismus und Medienvielfalt, das von der Schöpflin Stiftung gefördert wird.
Es ist ja nicht einzusehen, warum Bridgeklubs und Hundesport als gemeinnützig gelten, nicht aber guter Journalismus. Die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche und andere Akteure haben hier immer wieder Änderungen gefordert. Die Ampelkoalition wollte das wohlwollend prüfen, hat das dann aber nicht mehr ausgeführt.
Ute Scheub
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