: Kritik an Subventionen
Das Sondierungspapier bietet sozial und ökologisch falsche Anreize und wird deshalb Verteilungskonflikte nur verschärfen, kritisieren Ökonom:innen
Ökonomen und Wirtschaftsvertreter kritisieren das von Union und SPD beschlossene Sondierungspapier. „Die ermäßigte Mehrwertsteuer in der Gastronomie ist ein Geschenk für wohlhabende Haushalte, die Rückkehr des subventionierten Agrardiesels ein ökologischer Skandal und die Ausweitung der Mütterrente für Kinder eine völlig ungezielte Maßnahme zulasten der Steuerzahler“, sagte Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.
Offenbar hofften beide Partner darauf, erhebliche Teile der Schulden für Rüstung und Investitionen „elegant zweckzuentfremden, um damit einflussreiche Gruppen zu bedienen“. Das Sondierungsergebnis zeige insgesamt, so Heinemann, „wie das von beiden Partnern anvisierte Ende der Schuldenbremse die Schleusen für unsinnige Subventionen und Klientelpolitik wieder weit öffnet“.
Energieökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bemängelte umweltschädliche Subventionen, die „Fehlanreize geben“, namentlich die höhere Pendlerpauschale und die überdimensionierten Pläne für Gaskraftwerke.
Union und SPD hatten sich auf ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für Infrastruktur und eine Lockerung der Schuldenbremse für die Verteidigung geeinigt und zum Wochenende die Sondierungsgespräche abgeschlossen.
Kritik am elfseitigen Sondierungspapier kommt auch vom Institut für Weltwirtschaft. „Ambitionierte Konsolidierungsbemühungen sucht man vergeblich“, sagte Konjunkturexperte Stefan Kooths. Im Gegenteil: Es würden neue konsumtive Projekte in Aussicht gestellt. „Damit steht insgesamt zu befürchten, dass die massiv erweiterten Verschuldungsspielräume den Reformeifer erlahmen lassen“, warnte Kooths. „Im Ergebnis finanzieren die für die Bundeswehr deklarierten Dauerdefizite so nur all das, was nun offenbar nicht mehr auf den fiskalischen Prüfstand kommt.“ Mit höherer Verschuldung ließen sich Verteilungskonflikte zwar eine Weile überdecken. „Mittelfristig drohen sie sich dadurch aber weiter zu verschärfen“. Dabei dürften ohne „durchgreifende standortstärkende Maßnahmen“ die Verteilungsspielräume kaum noch wachsen.(rtr, taz)
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