: Vorsorge schwer gemacht
VERSICHERUNG Immer mehr ArbeitnehmerInnen wollen sich gegen Berufsunfähigkeit versichern. Doch die Versicherungen lehnen viele BewerberInnen ab – und nahezu alle, die in Psychotherapie sind
Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist eine der – wenigen – Versicherungen zu denen Verbraucherschützer raten – aber viele Versicherungswillige scheitern beim Versuch, eine solche abzuschließen. Die Ablehnungsquote ist nach Angaben des Branchendienstes „Map-Report“ zwischen 1999 und 2006 von 7 auf 14 Prozent gestiegen.
Das liege einerseits daran, so sagt Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg, dass „viele Leute kapiert haben, dass es eine wichtige Versicherung ist – deshalb ist die Zahl der Anträge gestiegen“. Zugleich könnten immer mehr Arbeitnehmer ihren Beruf nicht mehr bis zur Rente ausüben. „Die Versicherungen nehmen einen deshalb nur, wenn man knackig und gesund ist.“ Dabei zahlen bestimmte, von den Versicherern als riskant eingeschätzte Berufsgruppen höhere Beiträge. „Das Einstufungssystem ist unübersichtlich“, sagt Edda Castello. Hoch angesetzt werden traditionell Berufe, die als körperlich riskant oder anstrengend gelten wie beispielsweise die Dachdeckerei. Es gebe aber auch Versicherungen, die etwa keine Lehrer gegen Berufsunfähigkeit versicherten.
Für Menschen, die sich in Psychotherapie befinden, ist es nahezu unmöglich, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. „Dumm“ nennt das der Chefredakteur des map-Reports, Manfred Poweleit. Zwar sei es verständlich, dass Versicherungen versuchten, sich abzusichern – gerade angesichts der Tatsache, dass psychische Erkrankungen inzwischen Ursache für über 30 Prozent der Frührenten sind und zwar mit steigender Tendenz. „Was nützt der schönste Schutz, wenn die Versicherung im entscheidenden Moment pleite ist?“, fragt Poweleit.
Dennoch wirft er den Versicherern Ideenlosigkeit im Umgang mit dem Problem vor. Bei den Schadens- und Unfallversicherungen sei in Sachen Risikominimierung von der Gurtpflicht bis zur Sprinkleranlage viel geforscht und umgesetzt worden. Bei den psychischen Erkrankungen, wo häufig viel zu viel Zeit zwischen Ausbruch und Behandlung der Krankheit verstreicht, regt Poweleit ein anonymes Notruftelefon an.
Eine rechtliche Handhabe gibt es für diejenigen, die aufgrund einer Psychotherapie nicht gegen Berufsunfähigkeit versichert werden, nicht. „Es gibt lediglich einen Anspruch, nach den gleichen Kriterien behandelt zu werden“, sagt Edda Castello von der Hamburger Verbraucherzentrale. Sie rät dazu, sich möglichst früh zu versichern und es zeitgleich bei mehreren Versicherern zu versuchen, da man andernfalls eine kürzlich erfolgte Ablehnung angeben muss. Ansonsten reichen die Fragebögen der Versicherer in der Regel fünf Jahre zurück – dann kann man es erneut versuchen. FRIEDERIKE GRÄFF