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Die WahrheitWunderkanzler aus der Grotte

Jetzt spricht das Maschinengewehr Gottes: Lobrede auf den künftigen Kanzler Friedrich Merz und seinen Geburtsort, die Atta-Höhle im tiefen Sauerland.

Illustration: Ari Plikat

O Fridericus, du Friedensreicher, du Würdigster unter den Würdigen, du Verteidiger des christlichen Abendlandes und Retter von Recht und Ordnung, du Herrscher des Sauerlandes und demnächst Kanzler aller Deutschen, der du mit deiner hellen und hohen Erscheinung den zarten Busen jeder züchtigen Nonne erbeben lässt, gepriesen und gebenedeit seiest du.

Das verwüstete Land liegt am Boden und windet sich im Staub der ewigen Krise. Die Öfen sind kalt, die Feuer erloschen, die Töpfe und Teller leer. Wilde Horden hungriger Schwarzbärte ziehen mit Messern zwischen den Zähnen durch die heimeligen Gassen unserer verwaisten Dörfer und Städte und fordern freie Termine bei Zahnärzten ihrer Wahl, während braune und rote Kreischgeier und Plusterhennen sich auf den Marktplätzen vor Wut die Implantate aus den Gebissen reißen und mit lodernden Fackeln in den geballten Fäusten den schamlosen Perlentanten und Zarenknechten an den Rändern der Demokratie huldigen.

Und als wäre diese Bedrohung nicht gefährlich genug, steht vor den unverschlossenen Toren der gefährdeten Heimat der orangefarbene Immobilienhai aus dem Weißen Haus, der unsere verwundete Wirtschaft nach seinem Dekretdurchfall mit schändlichen Zöllen überschwemmt. Derweil im Kreml noch immer die graue Kriegshyäne mit ihrer eisernen Drohnenpeitsche die Völker des Ostens knechtet und schon gierig durch das Schlupfloch unserer weit offenen Grenzen lünkert. Und vom unendlichen Reich des gelben Kommunismus aus zwingt der rote Panda unsere heimischen Post- und Paketboten unter der Last seiner Milliarden mit Flitter und Tand gefüllter Billigpäckchen in die Knie. Und dazu ixt und tiktokt die verführte Jugend im Rausch der fremdartigen Tänze bis zur Besinnungslosigkeit. Wenn aber der Amerikaner der Russe in Bügelfalten ist, dann ist der Chinese Abbild beider, knitterfrei und seidenglatt.

O Friederich, der Wagen namens Deutschland bricht. Doch wo ein Tal der Tränen ist, da ist auch eine strahlende Leuchte am Himmel. Das bist du, Fridericus Magnus, du bist die Hoffnung und Zuflucht und erblicktest nicht umsonst einst höchstselbst das Licht der Welt in des Sauerlands größter Sehenswürdigkeit, der funzligen Atta-Höhle, der Königin aller Tropfsteinhöhlen, der schönsten ihrer Art weithin im Erdenrund. Dorthin ritt deine verehrte und wohlgerundete Frau Mutter auf einem weißen Esel, kam mit dir unterm heißen Herzen nieder an dem heiligen Ort, der winters wie sommers konstant 9 Grad Celsius misst, um dich als unbefleckten Sohn des Sauerlands in die Weltgeschichte treten zu lassen.

Gigantische Tropfsteine

Dem Zauber des Ortes verfallen durften jahrhundertelang Generationen von Schülern deines Heimatlandes Nordrhein-Westfalen, sie besuchten die Atta-Höhle in Attendorn auf einem Tagesschulausflug, um die gigantischen Tropfsteine zu bestaunen, die von oben und unten als bizarre Säulen in die Säle der Höhle hineingewachsen sind, als ob sie dich und deine schlaksige Gestalt verkörperten. Nicht ahnen konnten die jungen Besucher, dass sie die Quelle eines steilen Werdegangs betraten, wenn ihnen die Höhlenführer in ihrem groben sauerländischen Zungenschlag die raue Erklärung lieferten, was der Unterschied ist zwischen Stalagmiten und Stalaktiten: „Die Mieten steigen, und die Titten hängen.“ So wie es bald wieder sein wird, wenn du Kanzler der Deutschen bist.

O Friedrich, schon als Kind bist du fix in die Höhe geschossen, um als Jugendlicher mit wehendem Haar wie der junge Jesus auf einem Mofa durch deine Pubertät zu rasen, ruhelos griffst du dir deine Gretel, verirrtest dich mit ihr im Unterholz der Berliner Politik, wo dich eine Osthexe in ihr Knusperhäuschen von Parteizentrale locken und deine Westwurzeln kappen wollte. Glücklich flohst du, gingst in die Wirtschaft, nicht um zu zechen, sondern du wurdest Blackrocker und lerntest das Fliegen über die Köpfe des Pöbels hinweg, hobst ab an exotische Orte wie das feine Sylt, um dort den ewigen Kreislauf von Göttern, Helden, Menschen und Barbaren zu entdecken und einer von ihnen zu werden – bis zu deiner Auferstehung als Oberhaupt der Christenheit. Und alles nahm seinen Lauf von dieser Grotte aus, Atta sei Dank!

Fulminanter Wahlsieg

Damit aber Ehrfurcht und nicht Unwille, Jammer und Abscheu die Deutschen wieder erfüllt, muss deine Höhle wieder in die Mitte rücken. Dahin, wo auch alle Parteien zurzeit hinstreben. Vergesst Kevelaer und Altötting! Neue Wallfahrtsorte braucht das Land! Werft eure Demokratiekrücken weg! Und rutscht auf gläubigen Knien hin zur Merz-Höhle, denn so wird sie bald heißen, spätestens nach der Bundestagswahl und dem fulminanten Sieg des christdemokratischen Granden Friederich der Große.

Mehr Sauerland soll Deutschland werden, versprachst du uns. Und wir weinten vor Freude süße Tränen. Endlich dürfen wir alle Sauerländer werden – zu diesem nur scheinbar missmutigen und doch tief in seinem höhlenartigen Innersten so fröhlichen Menschenschlag.

Und ebendiese Freude wollen wir dir nun zurückgeben, so wie wir sie von dir, dem gütigen Menschenfreund, empfangen haben. Die Merz-Höhle soll in all ihrer Schönheit unser Lourdes, unser Mount Rushmore werden. Wo andere ihre Präsidenten in Stein meißeln oder ihre wandelnden Marien Wunder wirken lassen, werden wir eine einmalige Stätte der Anbetung errichten, zu der ein jeder und eine jede hinpilgern darf nach Attendorn im Sauerland. Ein Kreuzzug von deinen Gnaden, Kanzler der Herzen, der Mägen und der Nieren.

O Friedrich, auf diesem Blackrock wollen wir deine Kirche bauen. Und im geweihten Taufbecken wird Warsteiner sprudeln. Dieser köstliche goldene Saft, den auch der kleine Fritz persönlich wie alle Sauerländer von sich gibt. Alles Natur pur. Und so schmeckt es auch.

Während andere Grönland und die Arktis, den Mond, gar den Mars erobern, führst du dein Volk in das gelobte Land der Innerlichkeit, dorthin, wo niemals die Sonne scheint und jede Nase sofort erschnuppert, was es im Innersten zusammenhält. Das Wichtigste dabei ist, um einen deiner gewaltigen Vorgänger zu zitieren, was am Ende herauskommt. Und wenn du, o Friedrich, du Herrlicher unter den Herrlichen, als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland es schließlich und schließmuskulös bist, dann haben wir Deutschen es wohl so verdient.

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1 Kommentar

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  • Genau Genau - de Jung van Letzter ☝🏿



    Brilon 🌳🌲🌳 - paßt mit sei brown Genöhle



    Zu/in Attendorn er Atta-Höhle.



    Auch dort, das hört frauman Jahres Herrn gern



    Vollmundig flunkern - beie Sürländer nich fern:



    “Kritisiert werden der hohe Eintrittspreis und das Fotografierverbot in der Höhle.



    Die durch den Betreiber angegebene Länge des Schauhöhlenbereichs von 1800 Meter ist falsch.



    Tatsächlich beträgt die Weglänge nur etwa 560 Meter.“ 🤥🤥🤥🤥 -



    Ob Moped - Tuning - Matte oder Höhle-Atta



    De ärm Mittelständler,nochn Deckel offen Vatta



    Emotionale Intelligenz - Empathie -



    Ja wie? Da gehst bei Kohleschaufel ◾️Rocker In die Knie - aber locker.



    & dess mal aber klar: “mei Opa kaa Nazi war.“



    Frauman&Urban Priol - fragen sich drob nur:



    Was tickt da stur, unter sei ahl Fontanell-Frisur.



    Tja ihm geht’s wie dem 🐘 von Sangerhausen:



    Als’er ließ nen brownie💨 durche Latten sausen



    Jedem geht das halt zu recht so



    Drischte tgl. trocken Gras=Heu & leeres Stroh



    Kannst zuzu, dei 💦 💦💦 so gornet halden!



    Hast wg § 177 StGB/Ehe kaa Schlach bei Fraun!



    Dann - Jung! dann,besser isses, isses Zeit! Beizeiten wieder abzuhaun! Woll



    Nix auf Tasche Sabbelfutt - allein!



    Natoll! Kann‘s echt nicht gewesen sein