ausgesessen: Bremen spart sich auf Kosten von Erzieher*innen gesund
Endlich gute Nachrichten – oder? „Neue Förderpauschalen stärken auch Bremer Elternvereine“, betitelt die Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) am Dienstag eine Pressemitteilung. Schlecht verbrämt verkauft sie damit die Tatsache, dass ihre Behörde sich 2024 auf Kosten von Erzieher*innen gesund gespart hat.
In der Bremer Kinderbetreuung herrscht seit zehn Monaten ein Missverhältnis: Das Personal in städtischen, aber auch in kirchlichen Kitas und bei Trägern der freien Wohlfahrtspflege wird vom Land Bremen nach dem neuen Tarifvertrag von 2024 bezahlt. Für die Erzieher*innen in Bremer Elternvereinen gilt jedoch weiter der Tarifvertrag von 2022.
Es geht nicht um Kinkerlitzchen: Nach einer Nullrunde 2023 war die Tarifanpassung dieses Jahr besonders hoch ausgefallen. Der Unterschied für einen Erzieher in Vollzeit beträgt brutto rund 400 Euro im Monat.
Inhaltlich lässt sich die Ungleichbehandlung schlecht begründen: Auch in den Elternvereinen sorgt das pädagogische Personal dafür, dass Bremer Eltern ihren Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz einlösen können. Das Personal in den Vereinen unterliegt dabei den selben Pflichten, Bedingungen und Personalschlüsseln wie die Kolleg*innen in anderen Einrichtungen. Allenfalls kann bei kurzfristiger Vertretung ein Elternteil einspringen. Was, genau besehen, auch nur der Behörde Geld für echte Vertretungskräfte spart.
Entstanden sind Elternvereine aus historischen Gründen: Als der Staat in den Achtzigern noch weit davon entfernt war, eine flächendeckende Kinderbetreuung für Kleinkinder zu gewährleisten, schlossen sich Mütter zusammen, die schon damals, trotz Kind, wieder in den Beruf einsteigen wollten. Sie gründeten Vereine, suchten Räume und Personal, kochten, putzten und organisierten unter Selbstausbeutung das, was Städte und Länder noch nicht leisten wollten.
So schufen sie eine erste Betreuungsstruktur, auf die der Staat auch heute noch setzen kann: Die 115 Elternvereine in Bremen stellen immerhin rund 2.200 der etwa 24.500 Kitaplätze in Bremen. Besonders im Krippenbereich, also bei den unter Dreijährigen, sind Elternvereine wichtige Träger.
Die Selbstausbeutung der Eltern ist vielerorts geblieben, am Ende aber selbst gewähltes Unglück. Für die Beschäftigten jedoch sollten andere Regeln gelten. Ihre Bezahlung war immer nur „angelehnt an den Tarifvertrag SuE/TVöD“. Bisher aber hieß das: Tarifanpassungen wurden nach einigen Monaten auch für Elternvereine bewilligt und dann rückwirkend bezahlt.
Es war damit zu rechnen, dass es auch dieses Jahr so läuft – schließlich gab es dafür schon im Februar 2024 die grundsätzliche Zusage der Bildungsbehörde. Eine Richtlinie musste angepasst werden – eine Formalie. Und natürlich wartete man noch auf den Haushalt: Bis zum Juni herrschte in Bremen noch haushaltslose Zeit. Dann kam die Sommerpause und direkt danach die Haushaltssperre. Öffentlich kommuniziert wurde nicht, dass man auf dem Rücken der Beschäftigten sparen wollte. Nur die eigentliche Richtlinienanpassung wurde ohne klare Ansage immer weiter herausgezögert. Das ganze Kalenderjahr hat die Behörde so ausgesessen.
Jetzt erst ist es amtlich: Ab Januar sollen die Fachkräfte in Elternvereinen endlich wie ihre Kolleg*innen bezahlt werden. Rückwirkend gibt es dieses Mal nichts. Haushaltssperre, tja, da kann man nichts machen.
Die Schlechterstellung hatte Folgen: Der Verbund Bremer Kindergruppen hat im Auftrag der Bildungssenatorin die 115 Elternvereine nach ihren Erfahrungen gefragt, 45 haben geantwortet. Bei mindestens einem Drittel von ihnen hat Personal die Einrichtung im letzten Jahr wegen der schlechteren Bezahlung verlassen, 44 Prozent geben an, sie hegten aufgrund der unsicheren Bezahlung aktuell Kündigungspläne. Lotta Drügemöller
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