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Wenn man plötzlich unter seinesgleichen ist

Die warme Herbstluft riecht leicht fischig. Auf einem Grill werden Miesmuscheln gebraten und mit Zitrone und Petersilie verkauft. Scharen von Menschen mit klappbaren Einkaufswägen schieben den Berg hoch Richtung Crellemarkt. Hier gibt es zu sehr humanen Preisen das, was im Großmarkt liegen geblieben, für die Tonne aber noch zu schade ist: Papaya, Rettich, Rispentomaten, die ersten Esskastanien, Unterhosen, Socken und BHs alter Lidl-Kollektionen.

„Alles ein Euro“, schreit der Händler, dann nochmal auf Türkisch: „Bir euro, bir euro! Billiga, billiga, billiga.“ Angestrengt unterhält er sich auf Türkisch mit einem Kunden am Kramtisch. Sie versuchen mit zusammengekniffenen Augen, das kleine Materialzeichen einer Boxershorts mit Karomuster zu entziffern. 100 Prozent Polyamid enttäuschen den Kunden, der sich verabschiedet.

Berlin- Schöneberg

124.800 Ein­wohner*innen.

Zwischen der arbeiterbewegten „Roten Insel“ und dem Nollendorfplatz mit seiner traditionellen queeren Gemeinschaft liegt heute ein Szenekiez, in dem Gentrifizierung zwar längst angekommen ist, wo man Unterhosen aber weiter für einen Euro kaufen kann.

Eine blonde große Frau mit Brille rückt auf und will gleich drei von den Plastikunterhosen. Im breitesten Schwäbisch ruft sie nach dem Verkäufer: „Kommet Sie bidde mal rüber!“ Der eben noch genervte Händler schaut sie mit leuchtenden Augen an und fragt: „Kommet Sie au ausm Ländle?“ Fanny Schuster

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