piwik no script img

berliner szenenGeburtstag bei den Schweden

Mein Sohn hat noch vorlesungsfreie Zeit, also frage ich ihn, ob er mit mir zu Ikea fährt, denn ich möchte mir vielleicht einen Schreibtischstuhl anschaffen. Gleichzeitig weiß ich noch nicht genau, ob ich nicht lieber einen secondhand kaufe. Da man solche Stühle aber ja mal ausprobieren soll und ich bestimmt dringend Kekse, Servietten oder Geschenkpapier brauche, fahren wir los.

Vor Ort fragt mein Sohn als Erstes, ob wir ins Restaurant gehen könnten, er habe Hunger. „Du hast einfach immer Hunger“, stelle ich fest, „aber warum nicht?“ Das Restaurant ist voll. Wir wundern uns ein bisschen, wie viele Leute hier unter der Woche mittags essen gehen, holen uns Pommes und Kuchen und setzen uns mit den Tabletts an einen der Tische am Fenster. Ich schaue mich verstohlen um und gucke, was die anderen Leute essen. Viele wirken, als wären sie nur zum Essen in das Möbelhaus gekommen. Vielleicht kommen sie jeden Tag hierher, überlege ich.

Mein Sohn beginnt ein Gespräch über seinen Geburtstag. Er weiß nicht, ob er feiern soll und wenn ja, wie. Mein Blick fällt immer wieder zu einer Frau, die hinter ihm allein an einem riesigen Tisch sitzt. Sie isst und trinkt nichts, sieht nur aus dem Fenster, und ich frage mich, auf wen sie wartet. „Mama“, unterbricht mich mein Sohn, „du hörst mir gar nicht richtig zu.“ Ich sehe ihn schuldbewusst an, aber genau da tauchen hinter ihm zwei weitere Frauen auf. Sie haben Blumen und Geschenke dabei, umarmen die Frau und singen Happy Birthday mit einer Zeile auf Ukrainisch. Bald kommen noch mehr Geburtstagsgäste, bis der ganze Tisch voller Geschenke steht. Dann gehen vier Leute los und holen Essen.

„Vielleicht feierst du einfach hier“, sage ich zu meinem Sohn. „Ist doch eine witzige Idee.“ Findet mein Sohn aber irgendwie nicht.

Isobel Markus

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen