Austritte bei Grüner Jugend Berlin: Von Grün auf Rot

Drei Vorstandsmitglieder der Grünen Jugend Berlin verlassen Verband und Partei. Andere sehen sich als unverzichtbar für eine linke Partei.

Ein Igel im Herbstlaub

Der Grüne Jugend-Igel sucht die linke Richtung Foto: dpa

Berlin taz | Die Austrittswelle bei der Grünen Jugend hat nun auch den Berliner Landesverband erreicht. Drei bisherige Vorstandsmitglieder – der bisherige Co-Sprecher Anton Zagolla, die Beisitzerin Lisbeth Ritterhoff und die politische Geschäftsführerin Kira Wesbuer – verkündeten zur Mitgliederversammlung der Grünen Jugend Berlin am Wochenende ihren Austritt aus Jugendverband und Partei.

In einem Statement, das von der Austritts-Kampagnenseite „Zeit für was Neues“ veröffentlicht wurde, kritisieren sie die Partei, die lediglich für „kleine Reformen“ stünde: „Wir hingegen wollen eine Politik mit klarem Klassenstandpunkt, die die großen Ungerechtigkeiten unserer Zeit angeht und sich in der gesellschaftlichen Linken verortet.“ Auf Anfrage der taz wollte sich Zagolla, der noch im Mai die Gastrede der Grünen Jugend auf dem Berliner Landesparteitag der Grünen hielt, nicht zu den weiteren Motiven äußern. Eine entsprechende Erklärung soll am Dienstag folgen.

Fest steht, dass sich Zagolla und seine Mitstreiterinnen jener Kampagne anschließen, die vor knapp anderthalb Wochen mit dem gemeinsamen Austritt des Bundesvorstands der Grünen Jugend angestoßen wurde und – so die Sprachregelung – zur Gründung eines unabhängigen linken Jugendverbandes führen soll.

Diesem Schritt hatten sich in den vergangenen Tagen Verbandsfunktionäre aus fast allen Bundesländern angeschlossen. So waren vor einer Woche auch vier Mitglieder des Vorstands der Grünen Jugend Brandenburg zurück- und ausgetreten, darunter die beiden Vorsitzenden.

Linker Teil der Partei

Zagollas bisherige Co-Sprecherin im Vorstand der Berliner Grünen Jugend, Leonie Wingerath, ließ sich bei der Mitgliederversammlung am Wochenende in ihrem Amt bestätigen. Der taz sagte sie: „Ich bin der Überzeugung, dass wir als linker Jugendverband in der Partei unersetzlich sind und unseren Einfluss nicht aufgeben dürfen.“ Der Kontakt in den eher links tickenden Grünen-Landesverband sei eng, die „Wirkungsmacht“ der Grünen Jugend groß.

Von der vom Bundesvorstand angestoßenen Austrittswelle sei man in Berlin überrascht worden, so Wingerath. Im Landesvorstand habe der Schritt Diskussionen ausgelöst. Dass nun unterschiedliche Wege gegangen werden, „bedauere“ sie. Gleichwohl ginge man nicht im Streit; die drei wurden ordnungsgemäß verabschiedet. Wingerath sagt: „Sie haben tolle Arbeit geleistet.“

Für die Grüne Jugend Berlin sei der Austritt „dreier gut ausgebildeter Leute ein Verlust“, so Wingerath. Wie groß das Problem für den 1.300 Mitglieder starken Verband werden wird, entscheide sich aber daran, wie viele Mitglieder aus der Basis folgen werden. Dies sei bislang nicht abzuschätzen. Für die Bundespartei könne der Austritt vieler Nachwuchs-Grüner zu einer Schwächung führen. Wingerath fordert daher: „Der linke Flügel muss nun stark für einen linken Kurs auf Bundesebene kämpfen, um die hadernden Leute noch zu halten“.

Im Lager der Realos sieht man die Austritte dann auch gelassen. Die Bundestagsabgeordnete Renate Künast hatte kürzlich erklärt: „Da wundere ich mich nicht und da weine ich auch nicht.“ Der Vorstand der Grünen Jugend sei „nicht realitätstauglich“ gewesen und habe „einen Klassensystem-Sozialismus aufbauen“ wollen.

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